278 – Atomkraftwerkssimulation und -ausbildung
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Gast: Dietmar Dusmann, Frieder Hecker, Peter Lasch
Host: Markus Völter, Nora Ludewig Shownoter: Fabian Zeisberger
Im Rahmen unserer Tour NordWest 2017 waren wir am ersten Tag bei der KSG|GfS die sich um die Aus- und Weiterbildung des Personals der deutschen Atomkraftwerke kümmert. Zu diesem Zweck betreiben sie Simulatoren der Leitwarten aller deutschen Atomkraftwerke. Wir unterhalten uns über die Steuerung dieser Kraftwerke, die dahinter liegende (Sicherheits-)Philosophie, das Funktionsprinzip und die Interna der Simulatoren an sich, Aus- und Weiterbildung sowie die Zukunftspläne der KSG|GfS in Anbetracht des Ausstiegs Deutschlands aus der Atomenergie.
Einleitung
00:01:46Simulatorzentrum KSG|GfS | Krafterkssimulator | Siedewasserreaktor | Kernkraftwerk Würgassen | Druckwasserreaktor | Kernkraftwerk Brokdorf | Katastrophe von Fukushima | Kernkraftwerk Greifswald | Reaktorfahrer | Kernkraftwerk Philippsburg | Kernkraftwerk Gundremmingen | Reaktor-Glasmodell | Kernkraftwerk Borssele | Kernkraftwerk Emsland | Kernkraftwerk Neckarwestheim | Kernkraftwerk Brunsbüttel | Kernkraftwerk Lingen | Kernkraftwerk Kahl | Kernkraftwerk Rheinsberg | Zilog Z80 | MME U880 | Kombinat Robotron | RWE | VGB PowerTech | PreussenElektra | VattenFall | EnBW | "Auslegungsüberschreitende Ereignisse" | KWS
Plexiglasmodell eines Kernkraftwerks
00:16:39Simulator Brokdorf
00:29:02Steuerstäbe | Moderator | Dampfturbine | Sattdampf | Überhitzter Dampf | Druckhalter | Reaktorschnellabschaltung | Lastabwurf | Eigenbedarf | Speisewasserpumpe | Reaktorschutzsystem | Nachzerfallswärme | Kühlmittelverluststörfall | Sicherheitsebenen | ATWS | Auslegungsstörfall | Barrierenkonzept | Brennstab | Schutzziele | FMEA | BAnz: Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke | Konvoi-Anlagen | Vor-Konvoi-Anlagen | Kernkraftwerk Stade
Entwicklung, Programmierung und Modellbildung der Simulatoren
01:56:21Simulink | LabVIEW | Fortran | C | Java | Transiente | ASCII | BMU | IAEA | WANO | Containment
Glasmodell eines Druckwasserreaktors
02:48:58Kernkraftwerk Three Mile Island | Reaktor-Glasmodell | Tscherenkow-Strahlung | Dampferzeuger | Hauptkühlmittelpumpe | Reaktorunfall im TMI | Kondensator | Simulationscode ATHLET
Hallo,
danke für die tolle Folge. Mal wieder Eine, bei der man noch Stunden weiter zuhören könnte.
Interessant ist aber auch die Argumentation der Gesprächspartner, wenn es um (potentielle) Katastrophen, GAU usw. geht… irgendwie wollten sie nie drüber reden, oder ? Da klingt für mich so ein wenig der Korpsgeist, bzw Industrie-Optimismus durch.
Ich würd echt interessant finden, wenn die Jungs dort sich noch zu ner weiteren Folge überreden lassen würden, bei dem die Ereignisse von Fukoshima besprochen und analysiert werden. Bei Wikipedia (de/en) gibts ja mittlerweile sehr lange Artikel darüber, die eine gute Vorlage für ein Gespräch sind.
Thomas
… da wollen sie aber nicht drüber reden …. hatte es versucht!
Wow, für mich eine der besten Folgen, was natürlich auch daran liegt, dass ich mich sowohl für das Thema Kernenergie und Simulationen interessiere und hier eine wunderbare Schnittmenge entsteht! Ich finde es immer wieder beeindruckend was für wunderbare Einblicke dieser Podcast in die Welt der Technik bringt. Und dann auch noch mit fast 4 Stunden so detailliert… DANKE
War wieder eine super interessante Folge! An der Stelle vielen Dank für euer Gesamtwerk, in das ihr so viel Zeit investiert habt – das uns als Hörer aber auch soo viele Stunden Hörvergnügen bietet :). Spannende Themen, sehr gute Moderation – macht unbedingt weiter so! Grüße aus Berlin.
Das Problem mit dem Ereignis in Fukushima Daiichi ist, dass das Personal da sehr schnell am Ende aller verfügbaren Möglichkeiten waren. Kein Kernkraftwerk der Welt ist dafür gebaut, einen tagelangen Station Blackout völlig isoliert von der Außenwelt zu überstehen. Schon dass Block 3 fünf Stunden und Block 2 siebzehn (!) Stunden allein mit einer dampfgetriebenen Pumpe durchgehalten haben war beeindruckend, aber es hat bekanntlich nicht gereicht.
Damit ist dann auch erklärt, warum wir (ja wir, ich bin auch Ausbilder bei der KSG|GfS) nicht viel dazu erzählen: Wir trainieren mit den Schichten, was sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln machen können (und das ist in Deutschland schon viel mehr, als damals in Japan). Alles was darüber hinausgeht, wäre für die Kollegen schlichtweg nicht hilfreich. Schließlich lehrt man an der Fahrschule auch nicht das Fliegen, nur weil es vielleicht nützlich wäre, wenn man ein Flugzeug hätte.
Bitte nicht falsch verstehen: Wir diskutieren mit den Kollegen viel über Ereignisse und was man daraus lernen kann. Aber Fukushima ist eher ein Lehrstück für die Ausleger von Kernkraftwerken, als für die Schichten, denn letztere hatten ab dem Zeitpunkt des Tsunamieinschlags praktisch keine Eingriffsmöglichkeiten mehr.
Cool, herzlichen Dank für die Klarstellung, Carsten!
“Kein Kernkraftwerk der Welt ist dafür gebaut, einen tagelangen Station Blackout völlig isoliert von der Außenwelt zu überstehen.”
Die neueren russischen Kernkraftwerke nach AES 2006 sollten das zumindest für drei Tage überstehen können. https://de.wikipedia.org/wiki/AES-2006
Und wenn wir mal die Definition von “Kernkraftwerke der Welt” auf Kraftwerke ausdehnen, die ein paar Monate vor der Inbetriebnahme stehen, dann könnte man auf die AP1000 Blöcke von Sanmen 1 und 2 verweisen, deren Notfallsysteme größtenteils mit passiver Kühlung ausgelegt sind. https://en.wikipedia.org/wiki/AP1000
Auch wenn ich nicht völlig davon überzeugt bin, dass der ziemlich weitgehende Verzicht auf die aktiven Schutzsysteme beim AP1000 dort gerechtfertigt ist.
Hallo Frank,
hast Du zur tolerierbaren Blackout-Zeit des AES 2006 irgendwelche Quellen? Ich gebe zu, als deutscher SWR-Ausbilder ist mein Wissen über aktuelle russische DWRs etwas begrenzt.
Für den AP1000 gelten etwa 72 Stunden als Grenze, dann wird es an zwei Stellen eng: Zum einen geht ihm das Wasser aus – das heißt die alle hochgelagerten, passiv verfügbaren Wasserreservoirs sind leer. Ab diesem Zeitpunkt wird die Kühlung mit aktiven Systemen sichergestellt (intern oder extern) und deren Verfügbarkeit hängt wieder von Strom und/oder Verbrennungsmotoren (z.B. Feuerlöschfahrzeug) ab. Zum anderen müssen dann die Batterien wieder aufgeladen werden, sonst versagt die Leittechnik, d.h. es gibt keine Möglichkeit mehr, Informationen über den Reaktorzustand zu bekommen oder Komponenten zu verfahren.
Ganz klar muss ich aber sagen, dass der Weg zu stromunabhängigen Systemen die mit gespeicherten Energien arbeiten (Dampf- oder Gasdruck, Höhenunterschied, Temperaturdifferenzen, etc.) die richtige Richtung ist. Ein vollständiger Ersatz elektrischer Systeme wird nie möglich sein und ist auch nicht realistisch notwendig, aber ein paar Tage Autarkie sind sicher eine realistische Forderung an jeden künftigen Reaktortyp.
In dieser Hinsicht sind vielleicht nicht die Großanlagen (EPR, AP1000, AP-1400, AES 2006) die Zukunft, sondern modulare Reaktoren <750 MWth (CAREM, SMR, etc.), denn bei diesen besteht eine realistische Chance im Notfall ganz ohne Fremdkühlung auszukommen und die gesamte Nachzerfallswärme über die Oberflächenstrahlung des RDB abzuführen – bei "ungesund" hohen Temperaturen, aber noch unterhalb der Kernschmelze.
Ich würde mich freuen, wenn die Diskussion so um 1h8min über analoge Technologie statt digitaler aus Sicherheitsgründen in einer eigenen Episode näher diskutiert wird. Hier gibt es sicher viele Möglichkeiten aus den Bereichen systemkritischer Infrastrukturen.
Das stimmt. Hast Du da Kontakte?