208 – Vollgeld, Inflation und Kryptowährungen
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Gast: Thomas Mayer Host: Markus Voelter Shownoter: Alexander Grote
Geld kann entweder als Tauschmittel gesehen werden, oder als “Schuldschein”. Je nach Perspektive ergeben sich andere Strategien wie man volkswirtschaftlich mit Geld umgeht, was wiederum Folgen hat für Inflation und andere Eigenschaften des Geldes. In dieser Episode sprechen wir mit Thomas Mayer über diese beiden Perspektiven. Insbesondere legt Thomas Mayer dar, wie Wirtschaftskrisen — wie die 2007/8 — möglicherweise verhindert werden können wenn man Geld als Vollgeld (also “Schuldscheine”) betrachtet. Dabei kommen unter anderem auch Kryptowährungen und Bitcoin zur Sprache.
Vorstellung von Thomas Mayer
00:02:58Thomas Mayer | Flossbach von Storch | Flossbach von Storch Research Institute | Die neue Ordnung des Geldes (Buch) | Vollgeld: Das Geldsystem der Zukunft. Unser Weg aus der Finanzkrise (Buch) | Mayer's Weltwirtschaft (Kolumne bei der FAZ)
Entstehung von Geld
00:14:08Kredit | Kreditwürdigkeit | Kredittheorie und Schuldgeld | Geldmenge | Einlagen | Kreditmultiplikator | Eigenkapital | Eigenkapitalquote | Mindestreserve | Giralgeld | Europäische Zentralbank | Inflation | Anleihe | Collateralized Debt Obligation | Vollgeld | Schweizer Vollgeld Initiative
Tätigkeit von Thomas Mayer
01:03:58
In meinen Augen (oder eher Ohren) war das leider ein beinahe kompletter Reinfall. Nach den ersten fünf Minuten wird es schon ziemlich schwammig in der Argumentation. Und wenn der Gast dann auch noch Schulden mit Fragilität gleichsetzt (anstatt sie als Kehrseite von Guthaben zu beschreiben was sie wirklich sind), wird es ziemlich absurd. Scheinbar ist ihm auch nicht bewusst, dass ein wesentlicher Treiber von Inflation die Löhne in einer Volkswirtschaft sind, die eine Zentralbank natürlich nicht steuern kann. Wie gut, dass er meine paar Groschen nicht verwaltet…
“Unpolitsch” ist seine Sicht der Dinge natürlich auch nicht, insofern ist das “Unterschlagen” von Hörerfragen aus dem Grunde der politischen Neutralität etwas merkwürdig. (Der Zeitfaktor allein hätte mich überzeugt.)
Hi Peter,
ein paar kurze Antworten basierend darauf, wie ich die Dinge verstehe:
Schulden sind eben nicht die Kehrseite der Guthaben, denn es gibt
weltweit viel mehr Schulden als Guthaben (wegen der Asymetrie beim
Vergeben von Krediten). Und genau das führt zu Fragilität. Und ich
glaube, er hat nicht gesagt, dass die Notenbanken der *einzige* Treiber
für Inflation sind.
Und verglichen mit einigen der Fragen die “eingereicht” wurden (“Frag
ihn mal, warum die Eliten die Normalos ausbeuten” und ähnliches) ist
seine Position recht unpolitisch, wenn sie auch von einer bestimmten
Sicht auf die Wirtschaft geprägt ist.
Und: mit “Unterschlagen” hat das überhaupt nichts zu tun. Ich stelle die
Fragen, die ich stellen will, und die ich vertreten kann und will. Und
die Fragen von Hörern sind Vorschläge, keine Befehle.
Markus
Das ist eine der Folgen die man eventuell zwei mal hören muss. Dem vorherigen Kommentar kann ich nicht zustimmen. Ich finde das eine sehr gelungene Folge mit einem kompetenten Gast.
Den Schulden beziehungsweise dem Schuldgeld stehen eben nicht Guthaben in der gleichen Höhe gegenüber. Geld wird von den Banken quasi aus dem Nichts geschaffen. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen muss man wohl eine Nacht drüber schlafen.
Allen Interessierten Hörern sei auch der Film “the big short” von 2015 beziehungsweise auf Deutsch 2016 empfohlen. Er zeichnet sehr eindrucksvoll das Zusammenbrechen der Banken Ende 2008 nach.
Von mir gibt es auf jeden Fall 5 Sterne für diese Folge die auch gerne hätte länger ausfallen dürfen.
Top! FvS macht gute Arbeit, vor allem das Hedgen mit Gold ist m.M.n. sehr Sinnvoll
Moin!
Unabhängig von der Folge:
wäre es möglich im Archiv auch eine gemischte (de/en) Liste bereitzustellen?
Danke, dass ihr den Feed verkürzt habt, der podcatcher ist nun schneller :)
Wieso denn das? Du musst doch sowieso jede Episode per Rechtsklick downloaden (oder Du automatisierst das mit nem Downloader). Wozu braucht es da eine gemeinsame Liste?
Ein spannendes Thema und ein kompetenter Gast. Es lohnt sich in der Tat, den Podcast zwei mal zu hoeren, wenn man kein Experte auf dem Gebiet ist..
Entschuldigt Leute, aber dass es weltweit mehr Schulden als Guthaben gibt, wird auch nicht richtiger, wenn man das mehrfach wiederholt. Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, erzeugt sie dabei eben nicht nur Schulden sondern auch das entsprechende Guthaben. (Wenn ihr das offiziell und/oder visuell braucht, schaut euch mal die Schaubilder auf Seite 3 von http://www.bankofengland.co.uk/publications/Documents/quarterlybulletin/2014/qb14q1prereleasemoneycreation.pdf an. Insgesamt steigt zwar die Geldmenge, aber “Assets” und “Liabilities” steigen auf allen Konten im gleichen Maße.) Weil das auf allen Ebenen der Wirtschaft so funktioniert, hat die Welt insgesamt einen Schuldenstand von Null, und genauso ein Guthaben von Null.
Und, Markus, ich verstehe Dein Konzept von Hörerfragen schon (deswegen standen bei mir auch die Anführungszeichen) und habe damit keine Probleme (zumal ich selbst ja nie im Voraus dazu komme, auf die Weise was Vernünftiges beizutragen). Aber in diesem Podcast kam das schon etwas merkwürdig rüber. Nichts für ungut…
Aber der Punkt ist doch, dass die Assets eben teilweise nur “Scheinwerte” haben, die dann ggfs. kollabieren. Die Schulden, als Geldwert, bleiben aber übrig. Oder verstehe ich da was falsch?
Re: Hörerfragen. Ich habe das in dieser Episode vielleicht etwas seltsam formuliert. Aber ich werde keine Fragen stellen wo ich der Meinung bin, dass da ein Weltbild dahinter steht, das ich persönlich für falsch halte. Egal aus welcher Richtung. Diese (meine) Einstellung kann man mögen oder kritisieren, aber ich werde sie nicht ändern.
Moin,
jup, “Rechtsklick -> Download” hatte ich in der alten, großen XML-Datei gemacht wenn mir das Thema interessant erschien. Da war es halt chronologisch sortiert, nicht nach Sprache, das war gut.
Ich bin aktuell bei Folge 82 und seit Folge 140 oder so habe ich euch im Podcatcher. Das Problem erledigt sich also bald von selbst. Aber der Tipp mit dem Downloader ist gut, die Episoden haben ja Folgennummern im Dateinamen.
Gruss, Dennis
Peter hat Recht, wenn er sagt, dass das Saldo aus dem Buchungsvorgang zur Geldschöpfung immer 0 beträgt. Er bezieht sich hier offenbar auf die Stützel’sche Saldenmechanik. Bloß nur: diesen Zusammenhang hat Herr Mayer niemals bestritten. Im Gegenteil: an einer Stelle des Podcasts nimmt er affirmativ darauf Bezug, als er konstatiert, dass entgegen einer (angeblich) weitläufig vorherrschenden Auffassung Banken nicht Einlagen in Kredite umleiten, sondern die Kreditvergabe durch den Buchungsvorgang zur Erhöhung der Geldmenge führt.
Die Ausführungen von Peter im ersten Kommentar führen dazu in die Irre und beruhen auf dem Missverständnis, die Genese von Schulden mit deren mikroökonomischen Effekten zusammenzuführen. Es wäre unterkomplex, den Begriff ‘Schuld’ allein durch dessen Entstehungsgründe zu definieren. Gerade bei Anlagegeschäften, die aufgrund der Kontingenz der Wirtschaftsentwicklung immer eine Wette auf die Zukunft sind, hat die Feststellung von Schuld durchaus eine heuristische Bedeutung.
Ein anderer Punkt noch: im Podcast (etwa im letzten Drittel) schien Herr Mayer zu behaupten, gesetzliche Zahlungsmittel seien qua Gesetz mit einem Verwendungszwang ausgestattet. Das Gegenteil ist der Fall: im horizontalen Rechtsverkehr können die Marktteilnehmer_Innen ihre wirtschaftlichen Beziehungen privatautonom regeln. Kaufpreise etwa können ohne weiteres in Fremdwährungen vereinbart werden, § 244 I BGB. In der Praxis beweisen das vielfach regionale Initativen, der Komplementärwährungen schöpfen und für lokale Wirtschaftskreisläufe nutzen. Diese Tätigkeiten sind nicht einmal reguliert, geschweige denn mit einem Verbot belegt. Gleiches gilt für Bitcoin und dgl.: meines Wissens ist hier die sog. BitLicense in New York der erste Regulierungsversuch in diese Richtung.
Richtig ist freilich, dass es einen faktischen Verwendungs’zwang’ für das gesetzliche Zahlungsmittel in vielerlei Hinsicht gibt, sei es aufgrund der Bequemlichkeit oder der Denomination öffentlich-rechtlicher Verbindlichkeiten.
Danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Ich kann fachlich/inhaltlich nichts wirklich dazu sagen. Aber ich finde es klasse, dass eine inhaltlich-kritische Diskussion in den Kommentaren stattfindet. Das dürfte ruhig öfters passieren :-)
Siehe hierzu auch:
“Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen” von Norbert Häring
und der darin erwähnte Aufsatz von Standard&Poor’s Chefökonom Paul Sheard:
Repeat After Me: Banks Cannot And Do Not “Lend Out” Reserves
(Sprecht mir nach: Banken verleihen ihre Einlagen nicht – sie können das nicht und tun das nicht.)
“Where Deposits Come
FromThis goes against the grain of the usual way of describing bank lending, which suggests that banks “collect” depositsand then “lend them out.” That is not the way it happens at all. In a closed economy (or the world as a whole),fundamentally, (8) deposits come from only two places: new bank lending and government deficits (9). Banks createdeposits when they create loans, as explained above. Governments also create deposits when they run budget deficitsbecause they are putting more money into the public’s bank accounts than they are taking out. This net flow createsnew deposits in the banking system, which has its counterpart on the bank’s balance sheet as an increase in reserves…”
https://www.kreditopferhilfe.net/docs/S_and_P__Repeat_After_Me_8_14_13.pdf
@Hella: Das ist eine schöne Gegenrede, nur … ich als (etwas anderes studiert habender) Laie verstehe den fachwortschwangeren Inhalt leider nicht genug, um ihn nachvollziehen zu können. :( Hättest Du den Part auch noch mal auf deutsch? ;)
@Peter: Noch eine (laienhafter) Gedankengang, der eine höhere Schulden- als Geldmenge nahelegt: Leihe ich mir von einer Bank €100 (die sie gar nicht hat), dann habe ich jetzt die selbe Menge an Schulden und Geld. Nach einem Jahr habe ich aber €110 Schulden (->Konstrukt der Zinsen), trotzdem aber nie mehr als €100 Geld bekommen. In dem Jahr ist nichts passiert, das zu den €10 neuen Schulden auch entsprechend neues Geld geschaffen hätte. Oder? Damit ist die Schuldenmenge größer als die Geldmenge.
@MaNo: Ist in Deinem beschreibenden Absatz nicht ein Fehler? Gegen Ende setzt Du “Vollgeld” und “Schuldscheine” gleich – ist das nicht gerade der Gegensatz, oder habe ich da ein spontanes Verständnisproblem?
Danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Ich glaube (!) es ist kein Fehler, denn: dadurch dass Vollgeld ein Schuldschein ist, kann es nie mehr Geld als Schulden geben; die Menge an Schulden ist damit begrenzt. So wie ich es verstehe ist das der Sinn der Sache.
Zwar schon älter, dennoch sehr informativ. Anhören lont sich in jedem Fall.
Sehr gute Folge und sehr interessant!
Vielen Dank an das Omega Tau Team, ihr unterhaltet mich super waehrend ich am Mikroskop arbeiten muss
Hallo zusammen,
Hätt ich mir nie gedacht, dass ich hier so konkrete und weitgehend neutrale Informationen zu einem Abstimmungsthema in der Schweiz abholen kann. Ich denke der experimentelle Charakter und der “unmögliche” Alleingang (Hier jetzt schon ;-)) wird das Ganze zum Scheitern bringen.
PS: Höre mir seit Jahren (downlaod, offline) und immer noch sehr gerne Eure Podcasts an. Besten Dank.
PPS: Seit gestern auf der Webseite vom Schweizer Fernsehen:
https://www.srf.ch/sendungen/arena/abstimmungs-arena-vollgeld-initiative
Sorry, fällt mir erst jetzt auf: Da braucht Ihr wohl einen Dolmetscher ;-).
Vielleicht gibt’s mal eine Version mit Deutschen Untertitel.
Danke!
Nicht nötig. Nora ist in der Schweiz aufgewachsen und versteht das ohne Probleme. Und ich komme auch so halbwegs mit :-)
Hallo, diese Folge höre ich etwa einmal pro Jahr und bin immer noch fasziniert. Ganz besonders vom Schlzussplädoyer des Gastes, der sich für eine Kombination aus Kryptowährung und Grundeinkommen ausspricht.
Der Kern der ganzen Thematik ist aus meiner Sicht Folgender: Das Wachstum der Geldmenge der globalen Wirtschaft basiert ausschließlich auf Schuldbeziehungen. Mit zunehmender Quantität werden die Schuldbeziehungen fragil, eine Krise ist die Folge wenn die Fragilität zu einem Bruch durch Zahlungsunfähigkeit eines bedeutenden Akteurs führt.
Privates Vollgeld (z.B. in Form einer Kryptowährung) wäre ein Mittel, um Schuldbeziehungen und Wachstum der Geldmenge voneinander zu lösen.
Wenn nun ein Grundeinkommen (partiell) über Vollgeld finanziert wird, so könnte eine bedeutende Finanzierungslücke geschlossen werden.
Ich arbeite derzeit an einem entsprechenden Konzept. Wer Lust hat mutzuwirken, der melde sich bitte über meine Webseite https://www.lust-auf-zukunft.eu/.
Grüße, Gerald
extrem gute Folge mit Gast mit hohen didaktischen Fähigkeiten!