Transkript: Kernreaktoren und -Kraftwerke (60)
Transcript: omega tau 060 – Kernreaktoren und -Kraftwerke
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In dieser Episode unterhalte ich mich mit Prof. Dr. Ing. Eckart Laurien vom Institut für Kernenergetik und Energiesysteme der Universität Stuttgart über Kernspaltung, Reaktortechnik und Kernkraftwerke. Ich hatte das Thema schon länger auf meiner Liste, aber wir haben es jetzt natürlich aufgrund der aktuellen Ereignisse vorgezogen. Diese Episode betrachtet nur die technischen Konzepte und Hintergründe, und hält sich mit Wertungen, Risikoabwägungen und Politik zurück.
[00:03:02] | Mein Name ist Eckart Laurien, ich bin Professor hier am Institut für Kernenergetik und Energiesysteme der Universität Stuttgart. Das Institut ist zugeordnet dem Maschinenbau, also wir sind Ingenieure. Ich selbst komme aus dem Gebiet Thermo- und Fluiddynamik. Das ist auch mein Lehrgebiet. Und wir haben ja noch eine zweite Professur hier am Institut, da geht es um die Anlagentechnik und auch die Reaktorphysik. |
[00:03:31] | Und Ihr Institut macht Forschung rund um Kernkraftwerke? Oder wie kann man sich das vorstellen? |
[00:03:39] | Ja, wir befassen uns mit Kernkraftwerken, Sicherheit von Kernkraftwerken. Wir machen natürlich auch Ausbildung, vor allem im Bereich Anlagentechnik, Reaktorphysik, also wie die Kettenreaktion abläuft. Wir haben auch einen eigenen Ausbildungsreaktor im Hause und wie gesagt, das Thema Reaktorsicherheit steht an oberster Stelle. Aber wir befassen uns auch mit neuen Reaktoren, also Konzepten zukünftiger Reaktoren, das heißt, hier wird untersucht, inwieweit die sinnvoll sind und machbar. |
[00:04:18] | Wollen Sie ein bisschen was dazu sagen, wie Ihr Bezug zu Industrieaufträgen ist? Weil Atomtechnikpolitik usw. ist ja gleich so ein relativ politisches Thema und ich denke, es macht Sinn, dass Sie einfach kurz Ihre Position in gewisser Weise von der Finanzierung her klar machen. Dann können die Kritiker abschalten oder was auch immer sie tun wollen. |
[00:04:37] | Wir haben einen sehr großen Drittmittelanteil, wie man das nennt. Das heißt, ein Anteil, der jetzt nicht von der Universität, vom Land, kommt, sondern von Industrie- und Forschungseinrichtungen. Das Institut ist ist tätig auch in Gebieten, die jetzt nicht direkt mehr zur Reaktortechnik gehören. Zum Beispiel haben wir Schweißtechnik als ein Gebiet. Da haben wir auch sehr viele Kontakte zur Industrie. Das ist aber keine kerntechnische Industrie mehr. Dieses Thema Schweißen, das war vor vielen Jahren mal ganz wichtig bei den Kernkraftwerken, aber es hat sich mittlerweile etwas gelöst und wir haben diese Schweißtechnik als Arbeitsgebiet dann immer noch beibehalten. Und wie das damals so war, diese Spin-off-Effekte haben ja… oder man hat ja sich dann auch in andere Gebiete rein begeben und hat das hohe wissenschaftliche Niveau der Kernenergie dann auch auf andere Gebiete übertragen. Das sind diese berühmten Spin-off-Effekte. Das sieht man also an der Struktur des Instituts immer noch. Im Gebiet der Kernenergietechnik, das macht etwa 60 % unserer Forschungsarbeiten aus, ist der Hauptanteil Mittel des Bundes zur Reaktorsicherheitsforschung. Der Bund hat ja die Fürsorgepflicht, also die Aufgabe, die Reaktorsicherheitsforschung auf dem neuesten Stand zu halten. Und es gibt dafür ein Budget. Daran sind wir beteiligt. Das ist also eine der Hauptförderquellen im Drittmittelbereich. |
[00:06:13] | Wir wollen uns heute unterhalten über Kerntechnik, Reaktoren, Kraftwerke. Um es gleich zu sagen – ich habe das ja in der Einleitung auch schon gesagt -, wir werden uns nicht mit der Sicherheits- oder Sinndebatte beschäftigen, weil das ist a) ein Fass ohne Boden, b) ist es sehr politisch und c) sind bei uns in der Woche Landtagswahlen und das macht einfach keinen Sinn. |
[00:06:40] | Damit bin ich voll einverstanden. Wir wollen jetzt vor den Wahlen keine Politik machen. Und mir liegt auch sehr am Herzen die technischen Zusammenhänge der Kernenergie auch mal erklären zu können. Auch einer breiteren Zielgruppe als nur meinen Studenten, weil ich glaube, dass das einfach auch wichtig ist in so einer Diskussion, wie sie jetzt natürlich in den nächsten drei Monaten, oder auch länger, folgen wird. |
[00:07:06] | Richtig. Die Idee ist, dass wir jetzt ganz kurz eine Minute erläutern, wie so ein Kraftwerk prinzipiell funktioniert, die ganz groben Bausteine, und dann uns drei Teilgebieten im größeren Detail zuwenden. Also erstmal ein bisschen der Physik, also was passiert da physikalisch? Dann der Reaktortechnik und dann schlussendlich dem Kraftwerk an sich. Wollen Sie uns einen ganz kurzen 10.000-Fuß-Überblick geben über die Funktionsweise eines Kernkraftwerks? |
[00:07:33] | Ein Kernkraftwerk ist ein thermisches Kraftwerk, in dem Wärme erzeugt wird wie in einem Kohlekraftwerk auch, nur eben, dass im Kernkraftwerk der Brennstoff… das ist also Uran. Wir nennen das Brennstoff, da brennt natürlich nichts… das Uran am Anfang einer Betriebsperiode, die ist ungefähr ein Jahr lang, rein gebracht wird in den Kern. Das erfolgt in Form der sogenannten Brennelemente, Stäbe, Stabbündel, in denen sich dieses Uran befindet. Das Uran wird dann im Reaktordruckbehälter kritisch gemacht. Also, es ist ja radioaktiv und dann wird also die Kettenreaktion eingeleitet. Die erzeugt Wärme und diese Wärme wird zur Dampferzeugung genutzt. Da gibt es zwei Prinzipien, da kommen wir, glaube ich, noch später drauf. Druckwasserreaktor, Siedewasserreaktor. Und dieser Dampf, das steht auch unter Druck, der wird in einer Turbine entspannt und diese Turbine treibt einen Generator. Der Dampf wird dann, wenn er durch die Turbine durch geht, ist er abgekühlt und auch der Druck hat sich verringert. Dann wird er kondensiert im Kondensator. Der ist von außen gekühlt, zum Beispiel über einen Kreislauf, der mit dem Kühlturm verbunden ist. Aber es kann auch ein Kreislauf sein, der einfach ins Meer geht, je nachdem, ob das Kraftwerk im Inland oder am Meer steht. Und dieses kondensierte… |
[00:08:55] | Also einen Fluss kann man sich nicht leisten zu erwärmen, aber die Nordsee wahrscheinlich schon, weil es da nichts ausmacht. |
[00:09:00] | Genau. Und dann wird das Kondensat zurück geleitet. Das heißt, wir sprechen von einem Kühlmittelkreislauf. Primärkreislauf, Sekundärkreislauf. Der kann also noch aufgeteilt sein und letztendlich wird also die erzeugte Wärme in eine mechanische Arbeit der Turbine übertragen, die dann den Generator antreibt. |
[00:09:21] | Wir wollen anfangen uns mit der Physik zu beschäftigen und da einfach nochmal das nachzuvollziehen, was viele von uns wahrscheinlich irgendwann mal in Schule oder Studium gelernt haben müssten oder sollten. Ich hab’s mal gelernt, ich hab viel wieder vergessen. Insofern kann ich jetzt, glaube ich, sinnvoll die Fragen stellen. Das Prinzip des radioaktiven Zerfalls ist letztendlich das, was das Ganze treibt, richtig? |
[00:09:45] | Also die Wärme wird erzeugt durch die Kernspaltung. Das ist eine Zerfallsart, die ausgelöst wird durch Neutronen, die also auf einen solchen spaltbaren Kern drauf gelenkt werden. Das ist noch etwas anderes als der reine, normale radioaktive Zerfall, der in radioaktiven Substanzen wie zum Beispiel Radium vor sich geht. Da gibt es einen Zerfall, der einfach nur durch die Instabilität des Kerns entsteht. Hier wird dieser Kern gezielt durch ein Neutron, das ist ja ein Elementarteilchen, ausgelöst. |
[00:10:24] | Der wird quasi, wenn man so will, beschossen und dann spaltet der sich? |
[00:10:28] | Ja, also es gibt nur wenige Kerne, die überhaupt spaltbar sind. Oder ich muss eigentlich sagen „leicht spaltbar sind“. Das ist das Uran-235 zum Beispiel. Auch das Uran-233 ist spaltbar und das Plutonium-239. Das sind im Wesentlichen die spaltbaren Isotope, die es gibt. Und die setzen eben bei der Spaltung, wenn sie eintritt, nicht nur Wärme frei, sondern auch wieder Neutronen. Und diese Neutronen können ausgenutzt werden für neue Spaltungen. Und so kann man eine Kettenreaktion in Gang halten. |
[00:11:07] | Kurze Zwischenfrage an der Stelle: Es gibt, glaube ich, auch diese – ich glaub, die heißen „Radiothermal Generators“, die in Satelliten gern eingesetzt werden. Das sind Wärmequellen, die wirklich nur auf dem Zerfall beruhen, richtig? Das ist was ganz anderes. |
[00:11:19] | Jede Wärmequelle können Sie natürlich auch für thermische Energie ausnutzen, aber im Kernkraftwerk macht das keinen Sinn. Das würde eine riesige Menge von radioaktiven Stoffen erfordern und das wollen wir nicht. |
[00:11:34] | Sie sagten, die drei Isotope, die Sie gerade genannt haben, sind leicht spaltbar. Was heißt denn das? Heißt das, wir als Industrie können genug Energie aufbringen, um die dann zur Spaltung zu bringen? Oder warum kann ich nicht andere Kerne auch spalten? |
[00:11:48] | „Leicht spaltbar“ heißt: Wir wollen das machen mit sogenannten thermischen Neutronen. Das sind langsame Neutronen. Und wenn Sie also schnelle Neutronen ausnutzen, dann ist dieser ganze Prozess nicht mehr so leicht regelbar und das geht dann mehr so in die Waffentechnik. Wir müssen unsere Spaltung kontrollieren können und das kann man eben mit den langsamen thermischen Neutronen. Und dann nutzt man eben diese drei Stoffe. |
[00:12:16] | Und diese drei Stoffe brauchen quasi nur so wenig Energie, um die Spaltung in Gang zu setzen, dass die Energie in den thermischen Neutronen dafür ausreicht. Das ist quasi die Aussage? |
[00:12:26] | Ja, das kann man so sagen. |
[00:12:28] | Und die Neutronen, die dann durch die Reaktion wieder entstehen, haben eben auch nur diese Energie-Größenordnung, können sich damit… |
[00:12:33] | Nein, die sind zunächst schnell. Das sind zunächst schnelle Neutronen und wir müssen sie verlangsamen. Diesen Prozess nennt man die Moderation. Wir brauchen also, um eine Kettenreaktion aufrecht zu erhalten, einen Stoff, der Neutronen verlangsamt. Das nennen wir einen Moderator. Der beste Moderator, den es gibt, ist Wasserstoff, weil der Wasserstoffkern, der hat ja das gleiche Gewicht wie das Neutron. Das ist ja ein Proton, klar, hat das gleiche Gewicht wie das Neutron. Und wenn jetzt Proton und Neutron zusammen stoßen, dann verlieren beide ungefähr gleich viel Energie. Schwere Kerne können Sie kaum zur Moderation einsetzen, da brauchen Sie sehr viele Kollisionen, bis das Neutron wirklich verlangsamt worden ist. |
[00:13:16] | Weil es einfach abprallt? |
[00:13:17] | Genau, weil es einfach abprallt. Das kann man sich wie einen Zusammenstoß von Billardkugeln vorstellen. Also, Wasserstoff ist ein guter Moderator, deswegen ist Wasser ein guter Moderator. Kohlenstoff ist ebenfalls ein Moderator. Kohlenstoff ist auch noch relativ leicht und das kann man verwenden als Moderator. Man muss aber noch berücksichtigen, dass diese Stoffe keine große Absorptionswirkung auf Neutronen haben dürfen. Und das trifft zu sogar noch mehr für das Deuterium, also das schwere Wasser. Das ist also sogar noch besser geeignet, ist allerdings auch teuer. |
[00:13:59] | Sie sagen gerade, dass es keine Absorptionswirkung haben darf. Das deshalb, damit von den Neutronen, die durch die Spaltung entstehen, noch genug übrig bleiben, um dann die nächste Runde Uran zu spalten? |
[00:14:09] | Ja genau, sie sollen ja nur verlangsamt werden. Sie sollen aber nicht absorbiert werden in dem Kern von dem Moderatorstoff, damit sie für weitere Spaltungen dann zur Verfügung stehen. |
[00:14:22] | Sie haben gesagt, dass man thermische Neutronen verwendet, um das Ganze in Gang zu bringen. Muss man sich das dann so vorstellen, dass da irgendwo im Reaktorkern eine Neutronenquelle ist, die das Ganze einmal startet? |
[00:14:33] | Normalerweise, wenn der Kern ganz frisch ist, dann macht man das tatsächlich, dann hat man eine Neutronenquelle. Wenn man aber einen Reaktor schon eine Zeit lang gefahren hat, dann hat man ihn ausgeschaltet, dann enthält der genügend eigene Radioaktivität, um ihn ohne eine externe Neutronenquelle wieder anzufahren. |
[00:14:53] | Jetzt entstehen ja bei diesem radioaktiven Zerfall Ergebnisse, also sprich: Das Uran wird gespalten, es entsteht unter anderem ein Neutron, das dann weiter Uran spaltet. Es entstehen aber auch noch andere Dinge und die sind von sich aus instabil und radioaktiv, oder? |
[00:15:11] | Es entstehen da natürlich Spaltprodukte. Die Kerne werden gespalten und die Spaltprodukte sind natürlich leichter als der Ausgangskern. Das sind Stoffe wie Jod, Caesium, aber auch Edelgase, Neon, Krypton, Argon. Und es entsteht ein breites Spektrum von Stoffen, die dann im Kern enthalten sind. Andererseits haben wir aber auch den Effekt, dass die Neutronen, die im Kern entstehen, schwere Kerne treffen können, zum Beispiel das Uran-238. Sie werden dann davon absorbiert. Man zählt dieses Uran zu den sogenannten Aktiniden. Und diese Aktiniden können dann verändert werden, das heißt, es können auch noch schwerere Kerne entstehen, wie zum Beispiel künstliche Elemtene, künstliche Aktinide. Das ist ja dann zum Beispiel das Plutonium. Und es entsteht in jedem Reaktor auch tatsächlich Plutonium, spaltbares Plutonium-239, das dann also nach der Betriebszeit eines Kerns von etwa drei Jahren in signifikanten Mengen im Kern vorhanden ist. |
[00:16:20] | Und dann entsorgt werden muss letztendlich? Das ist Teil dieser Entsorgungsproblematik? |
[00:16:23] | Man könnte…ja, im Augenblick wird es entsorgt. Diesen Prozess bezeichnen wir als Brüten. Der schwere Uran-Kern, der 238, der an sich nicht spaltbar ist, der ist ja im Kern drin, ist den Neutronen ausgesetzt und es wird daraus Plutonium ausgebrütet. Das macht jeder Reaktor. Jeder Reaktor ist auch in gewissem Maße ein Brüter. Und man kann dann eine Wiederaufbereitung machen und kann auf chemische Weise dieses Plutonium isolieren. Das ist ja chemisch ein ganz anderer Stoff. Der ist ja, wenn Sie das mit Salpetersäure übergießen und die Salze, die dann entstehen, ausfällen – das ist ja die Wiederaufbereitung -, dann können Sie das Plutonium von den anderen Stoffen trennen und können es zum Beispiel als Brennstoff wieder weiter verwenden. Das wird ja gemacht in den Wiederaufbereitungsanlagen La Hague und Sellafield. Und wir bekommen dann das Plutonium zurück, nicht nur das Plutonium, sondern natürlich auch andere Abfälle und müssen die Abfälle entsorgen. Und das Plutonium wird tatsächlich in den deutschen Kraftwerken dann wieder weiter verwendet als Brennstoff. Das sind diese MOX-Brennelemente. MOX heißt Mischoxid. M-O-X. Das sind die MOX-Brennelemente, die Plutonium enthalten. |
[00:17:43] | Und das verhält sich, was die Spaltung im Kraftwerk angeht, genauso wie Uran-235 oder 238? |
[00:17:48] | So ähnlich, genau. |
[00:17:52] | Nochmal ganz kurz, nur um das nochmal klar zu machen. Das Zeug, was wir ursprünglich in den Reaktor rein tun, ist nicht von sich aus… es zerfällt nicht von selber, ist also nicht radioaktiv? |
[00:18:04] | Es ist radioaktiv. Auch das Uran ist schwach, das Natur-Uran ist auch schwach radioaktiv. Man kann das aber anfassen. Wenn Sie so ein Brennelement bekommen, diese Radioaktivität ist nicht stark. Ach so, ich sollte noch die Anreicherung erwähnen. Also Natur-Uran enthält nur zu 0,7 % das spaltbare Isotop 235, der Rest ist das Uran-238. Und man muss das Uran für unsere Leichtwasserreaktoren anreichern auf etwa 4 %. Das macht man in gasförmiger Form. Man verbindet das mit Fluor. |
[00:18:47] | Das sind diese ganzen Gas-Zentrifugen, von denen man immer redet. |
[00:18:50] | Uran-Hexafluorid ist gasförmig. Und dann können Sie in einer Zentrifuge das Schwerere von dem Leichteren trennen. Das ist nicht sehr effizient, sie brauchen viele Zentrifugen, das dauert auch sehr lange, aber sie können auf diese Weise den Anteil… Wenn Sie das außen aus der Zentrifuge abzapfen, dann ist es eben schwerer. Wenn Sie es innen abzapfen, haben Sie das etwas leichtere. Also einen größeren Anteil von Uran-235. Und man muss bei unseren Reaktoren auf etwa 4 % 235 anreichern. |
[00:19:23] | Und das muss ich mir so vorstellen, dass wir deshalb diese 4 % brauchen, weil sonst die Wahrscheinlichkeit, dass eins dieser erzeugten Neutronen ein nicht spaltbares Uran-Isotop trifft, zu hoch wird und dann die Reaktion nicht in Gang kommt? |
[00:19:34] | Ja, das ist richtig. Es wird auch unter Umständen durch das Wasser absorbiert. Da gibt es ja dann auch die Möglichkeit das schwere Wasser zu nehmen, also, da es ja Deuterium enthält, das nicht so stark absorbiert. Und das macht man in Kanada. Die kanadischen Reaktoren, die laufen mit Natur-Uran. Die brauchen allerdings auch schweres Wasser. |
[00:19:55] | Das heißt, das Uran kriegt man einfacher, weil man es nicht anreichern muss, dafür ist das schwere Wasser „teuer“. |
[00:20:01] | Richtig, genau. |
[00:20:02] | Die Strahlung, die da entsteht, insbesondere nach dem Ganzen im Abfall, in den erzeugten Spaltprodukten, das ist ja radioaktive Strahlung. Ich erinnere mich, es gibt Alpha-, Beta- und Gamma-, Röntgen-… Können Sie das vielleicht nochmal kurz ein bisschen einordnen und wie sich das von normaler elektromagnetischer Strahlung unterscheidet? Nur damit da einfach die Physik nochmal da ist. |
[00:20:25] | Ja, fangen wir mal bei Gammastrahlung an. Das ist elektromagnetische Strahlung und manchmal nennt man sie auch Röntgenstrahlung, das ist eigentlich kein Unterschied. Das ist also eine sehr energiereiche Strahlung und die Wirkung dieser Strahlung auf Organismen ist ja dadurch, dass sie ionisierend wirkt, das heißt, sie spaltet chemische Verbindungen auf. Wenn sie das also im Körper tut, zum Beispiel mit Eiweißen oder der DNS in einer Zelle, dann würde also diese DNS aufgespalten und zerstört. Und das heißt also, die ionisierende Wirkung, die ist jedenfalls, wenn die Strahlung sehr stark ist, die ist eben gefährlich und gesundheitsschädlich. Die beiden anderen Strahlungsarten haben auch eine ionisierende Wirkung, zum Beispiel die Betastrahlung. Das sind energiereiche Elektronen, die eben auch Materie durchdringen können und durch ihre Energie eben auch eine Ionisierung herbeiführen können. |
[00:21:25] | Heißt also, ein Elektron irgendwo rausschießen? |
[00:21:27] | Die können ein anderes Elektron rausschießen, genau. Und die Alphastrahlung, das sind Helium-Kerne. Die haben ja zwei Neutronen, zwei Protonen, also relativ schwere Kerne. Auch die sind ionisierend, aber diese Alphastrahlung, die hat keine große durchdringende Wirkung, weil die relativ schnell abgebremst werden. Wenn Sie also einen Alphastrahler auf der Haut haben, dann können Sie ihn abwaschen und das ist nicht sehr schädlich. |
[00:21:53] | Weil es nicht mal durch die Haut kommt. |
[00:21:54] | Sie dürfen ihn halt nicht aufessen oder einatmen. Einatmen oder aufessen, dann würde ja der Alphastrahler im Körper sein und kann dann seine Wirkung voll entfalten. |
[00:22:05] | Dieses Fallout, von dem man immer wieder redet, heißt ja dann eigentlich… oder lass uns anders herum anfangen: Ich glaube nicht, dass die Gammastrahlung, die, sagen wir mal, in Tschernobyl erzeugt wird, hier bis hier her als wirkliche elektromagnetische Strahlung ankommt, oder? Das geht ja quadratisch… Das kann ja nicht sein. |
[00:22:22] | Nein, die Reichweite…genau. Mit starkem Abstand wird ja die Strahlung abgeschwächt. |
[00:22:28] | Genau, das heißt, die Problematik ist, dass irgendwelche Stoffe, also Materie, durch Staub, durch die Atmosphäre hier her transportiert wird und dann hier strahlt? Nur damit das eingeordnet ist. |
[00:22:36] | Ja, natürlich. Das ist richtig. |
[00:22:39] | Woher kommt denn die Energie beim radioaktiven Zerfall? Wenn wir da erstmal ein Neutron reinschießen, dann müssen wir erstmal Energie reinstecken. Dieses Neutron müssen wir beschleunigen, das kostet uns Energie. Also zumindest bis auf diese thermischen Größenordnungen. Und dann kommt nachher trotzdem Energie raus. Wo kommt diese Energie her? |
[00:22:54] | Das haben die Physiker als die sogenannte Bindungsenergie definiert und man weiß also, dass schwere Kerne, die dürften eigentlich gar nicht… Also ohne Bindungsenergie würden die gar nicht existieren, weil ja die Protonen, die da in dem Kern drin sind, die würden sich ja gegenseitig abstoßen und dann würde der Kern gar nicht existieren. Der Physiker kennt also den Begriff Bindungsenergie und interessanterweise ist es eben so, oder das ist ja die Ursache dafür, dass wir überhaupt hier Kernenergie haben können, ist es so, dass die Summe der Massen aller Elementarteilchen, die so einen schweren Kern ausmachen, die ist größer als die Masse des Kerns an sich. Das heißt, die Bindungsenergie bedeutet, dass Materie in Energie umgewandelt wurde. |
[00:23:44] | E = mc^2. |
[00:23:45] | Genau, das ist ja diese Äquivalenz der Masse und Energie. Und diese Bindungsenergie wird letztlich frei, wenn ein Kern zerfällt, beziehungsweise gespalten wird. |
[00:23:56] | Das ist ja diese starke Kernkraft, von der man da redet, oder? Das ist quasi eine Kraft, die so stark ist, dass, wenn man die Kerne oder die Protonen und Neutronen nah genug zusammen bringt, die dann stärker ist als die elektromagnetische Abstoßung? |
[00:24:10] | Ja und deswegen ist eben die Energie, die da erzeugt wird pro Kern eine sehr große und deswegen ist eben die Kernenergie eine sehr starke Energiequelle. |
[00:24:20] | Pro Masse. |
[00:24:21] | Genau, wenn man das auf die Masse bezieht verglichen mit allen anderen Energiearten, wie zum Beispiel chemischer Energie, Verbrennung, da liegen wir Größenordnungen darüber in der Energiedichte. |
[00:24:32] | Wenn man jetzt die Frage stellen würde, wie die Energie da vorher in die Teilchen rein kommt, dann sind wir irgendwo beim Urknall, oder? Also da gibt es dann halt so hohe Dichten, dass durch Kernfusion Elemente entstanden sind und so weiter. Also, da sind wir jetzt weit jenseits dessen, wofür sich der Kerntechniker interessiert, oder. |
[00:24:48] | Das stimmt, da fragen Sie mich als Ingenieur auch zu viel. Wie sind denn jetzt diese schweren Kerne alle mal entstanden? Natürlich, ja, das ist dann… Die Entstehung des Weltalls hängt damit zusammen. |
[00:24:57] | Genau, lassen wir das. Ich möchte noch ein paar Begriffe erwähnen, die man immer wieder in dem Zusammenhang hört. Das eine ist die Halbwertszeit. |
[00:25:04] | Ja, der Zerfall geht ja nach Gesetzmäßigkeiten, die einer exponentiellen Gesetzmäßigkeit folgen. Also einer Exponentialfunktion. Und die kann man charakterisieren durch die Halbwertszeit. Also das ist die Zeit, nach der die Hälfte des Ausgangsstoffes zerfallen ist. |
[00:25:22] | Und das gilt eben auch für diesen natürlichen Zerfall und hat wiederum eigentlich nichts mit dem zu tun, was im Reaktor passiert? |
[00:25:28] | Nein, die Kettenreaktion messen wir nicht in Halbwertszeiten. Da spielt ein anderer Begriff eine große Rolle und das ist der Begriff „kritisch“. |
[00:25:34] | „Kritische Masse“ hört man da immer wieder. |
[00:25:36] | Genau. Also eine Anordnung. Wenn Sie jetzt Uran in einer bestimmten geometrischen Form vorliegen haben, diese Anordnung, da werden ja dann Neutronen erzeugt, aber es gehen ja auch Neutronen verloren und zwar nach außen. Einfach über die Oberfläche dieser Geometrie. Oder eben durch absorbierende Stoffe, die sie immer irgendwie da drin haben natürlich. Zum Beispiel müssen Sie ja auch das Uran irgendwie in Gefäßen haben oder in Halterungen. Und so eine Anordnung funktioniert also nur dann als kritische Anordnung, wenn genauso viele Neutronen erzeugt werden pro Zeiteinheit, wie sie verloren gehen durch Absorption oder nach außen. Das nennen wir dann genau kritisch. Und wenn jetzt das Ganze überkritisch ist, dann würden pro Zeiteinheit mehr Neutronen erzeugt und die Anzahl der Spaltungen pro Zeiteinheit nimmt zu. Also die Leistung steigt an und wenn die Anordnung unterkritisch ist, dann sinkt die Leistung mit der Zeit ab. Das ist ein Prozess, der relativ lange dauern kann und auch hier hat man so einen ähnlichen Begriff. Das ist die Zeitkonstante der Anordnung des Reaktors. Die liegt dann auch im Bereich von ungefähr einer Minute. Also das heißt, wenn Sie einen Reaktor kritisch machen und Sie haben eine Reaktorkonstante von zum Beispiel 60 Sekunden, dann würde der alle 60 Sekunden seine Leistung verdoppeln. Fangen Sie an mit einer sehr geringen Leistung von, sagen wir mal, 1 Watt oder so. Dann kann man sich ausrechnen, wie lange es dauert, bis der jetzt seine Leistung von 1 Million Watt zum Beispiel, oder 1 Milliarde Watt – so in dieser Größenordnung liegt ja die Leistung unserer Kernreaktoren – erreicht hat. Das dauert seine Zeit. |
[00:27:32] | Das ist dann das Hochfahren? Kommen wir nachher nochmal drauf. |
[00:27:33] | Das ist das Hochfahren, genau. Das dauert einige Zeit. |
[00:27:35] | Kann man ganz vereinfacht sagen, dass – nur um das abzugrenzen – Atombomben Anordnungen sind, bei denen die Zeitkonstante sehr sehr kurz ist, so dass das Ganze quasi explosiv stattfindet? Ist das so ganz vereinfacht… |
[00:27:49] | Ja, es gibt aber einen wesentlichen Unterschied. Und zwar sprechen wir von den verzögerten Neutronen und den prompten Neutronen. Die prompten Neutronen, die werden sofort nach der Spaltung erzeugt im Bereich von Millisekunden. Es gibt aber die verzögerten Neutronen, die ungefähr 20 Sekunden danach erzeugt werden und diese benutzen wir zur Regelung. Eine Kernwaffe, da spricht man von prompt kritisch, die benutzen also zur Regelung die prompten Neutronen und das ist eine ganz andere Größenordnung. Die liegen weit voneinander entfernt. Und es wird niemals vorkommen, dass also ein Kernreaktor in den Bereich der Kritikalität bezüglich der prompten Neutronen kommt. |
[00:28:35] | Nochmal, dass ich das verstehe: Was ist dann da anders? Ist das eben gerade die geometrische Anordnung oder wie kann ich steuern, ob ich prompte oder verzögerte Neutronen bekomme? |
[00:28:44] | Ich mache den Reaktor kritisch und beobachte ihn. Und dann sehe ich: Der hat also eine Zeitkonstante von, sagen wir mal, einer Minute. Und ich habe ja gesagt, die verzögerten Neutronen haben auch eine Zeitkonstante von 20 Sekunden oder 30. Also auch in diesem Bereich von vielen Sekunden. Und ich werde niemals zulassen, dass die Zeitkonstante meiner Kettenreaktion in den Bereich von Sekunden kommt oder sogar in den Bereich von Millisekunden. Ich meine, da sind Größenordnungen dazwischen. Diese Gefahr besteht einfach nicht. |
[00:29:16] | Und diese Tatsache, die Sie gerade gesagt haben, erreicht man durch die geometrische Anordnung? |
[00:29:21] | Es geht darum, dass wir Absorberstäbe natürlich haben. Absorbermaterial. Das sind ja die Steuerstäbe. Die können wir in den Kern rein- und rausfahren. Und dadurch kann ich also regeln, inwieweit der Kern kritisch, überkritisch oder unterkritisch ist oder wie stark kritisch er ist. Das kann man also auch messen durch mathematische Vervielfachungsfaktoren. |
[00:29:42] | Gut, also ich denke, wir sind dann mit der Physik auch mehr oder weniger durch, so dass wir jetzt mal langsam Richtung Reaktor gehen können. Wir haben ja schon angefangen darüber zu reden. Sie haben den Begriff „Brennstäbe“ und auch „Steuerstäbe“ erwähnt. Vielleicht nochmal, wir haben schon gesagt, als Brennstoffe kommen im Reaktor insbesondere Uran-235 zum Einsatz. |
[00:30:05] | Ja, das liegt vor in Form von Uranoxid. Das ist also ein Pulver und dieses Pulver können Sie pressen zu kleinen Tabletten. Die haben ungefähr einen Durchmesser von einem Zentimeter. Und diese Tabletten sind dann aufgestapelt und befinden sich in einem Stab, einem Rohr, das ist vier Meter lang und das nennen wir den Brennstab. Der ist oben und unten geschlossen, damit die gasförmigen Spaltprodukte eben in diesem Stab dann auch verbleiben. Wenn die Spaltung einsetzt, dann haben wir ja Gase auch, die sich bilden und die bleiben also in diesem Brennstab drin. |
[00:30:43] | Wie viele von diesen Dingern sind da in einem typischen Reaktor drin? |
[00:30:47] | Damit man das handhaben kann, sind also diese Brennstäbe zu Bündeln zusammengefasst. Zum Beispiel zwölf mal zwölf Brennstäbe bilden ein sogenanntes Brennelement. Das kann man also dann handhaben, mit einem Kran zum Beispiel rein- und rausheben aus dem Reaktor. Und ein Reaktor enthält typischerweise 200-300 Brennelemente. Und Sie können also sich dann ausrechnen, wie viele Stäbe es sind. Es sind einige Zehntausend Stäbe, die wir da im Reaktor drin haben. |
[00:31:18] | Und das heißt, das macht den Reaktor ganz grob wie groß? Vier Meter hoch wahrscheinlich ungefähr. |
[00:31:24] | Der Kern ist also vier Meter hoch, hat einen Durchmesser von auch dreieinhalb Meter ungefähr und befindet sich dann eben in dem Reaktordruckbehälter. |
[00:31:32] | Genau, also über diese Strukturen reden wir dann gleich noch. Wo kommt denn dieses Uran letztendlich her? Das wird im Bergbau abgebaut, oder? |
[00:31:39] | Ja, das kommt aus dem Bergbau. |
[00:31:42] | Haben wir aber nicht in Deutschland, oder? Also eigenes. |
[00:31:44] | In Ostdeutschland gab es mal einen Uran-Bergbau. Das gab es mal, aber das ist eingestellt worden. Das ist ja auch immer die Frage: Wie ergiebig sind die Minen? Wie ist der Uranpreis, lohnt sich das? Und das meiste Uran, das wir heute auf dem Markt haben, kommt aus Australien, Kasachstan, Kanada. |
[00:32:02] | Und sind wir da auch schon bei Peak Uran oder haben wir da noch genug oder weiß man da was? |
[00:32:07] | Also das Uran ist begrenzt. Schätzungen haben ergeben, dass wir bei dem Verbrauch, den wir weltweit zur Zeit haben, noch für ungefähr 160 Jahre Uran haben werden. |
[00:32:19] | Das ist ja auch nicht so richtig unendlich. |
[00:32:20] | Nein, das ist endlich. Eine endliche Ressource. Und deswegen muss man sich auch überlegen, dass man eben diese Stoffe wie zum Beispiel Plutonium in Zukunft… Wir machen das ja in Deutschland nicht, dass wir das Plutonium gezielt herstellen in großen Mengen. Aber da gibt es natürlich weltweit… |
[00:32:37] | Wegen der Waffenproblematik. |
[00:32:38] | Genau. Und auch der Markt ist im Augenblick noch so, dass es sich nicht lohnt, jetzt in großen Mengen Plutonium zu erbrüten. Aber diese Konzepte und Überlegungen gibt es natürlich durchaus. Zur Zeit ist es nicht erforderlich. Denken Sie auch daran, dass es das ganze Waffen-Plutonium auch noch gibt. Das ist tatsächlich auf dem Markt. |
[00:32:58] | Und Sie meinen jetzt nicht auf dem Schwarzmarkt als Waffe, sondern auf dem Markt für Atomkraftwerke. |
[00:33:01] | Das ist ganz normal auf dem Markt für Brennelemente und wird in Reaktoren als Brennstoff verbrannt. |
[00:33:08] | Schwerter zu Pflugscharen mehr oder weniger. Die Anreicherung – haben wir vorhin schon drüber geredet, was das physikalisch ist -, wo findet die denn statt? Findet die im Kraftwerk statt oder gibt es da Brennelemente-Hersteller oder…? |
[00:33:22] | Ja, Anreicherungsanlagen. In Norddeutschland befindet sich in der Nähe von Lingen eine große Anreicherungsanlage und das sind Technologien, die nicht ganz einfach sind natürlich. Diese Zentrifugen – oder es gibt auch noch andere Verfahren -, die dann also mit diesen sehr kleinen Unterschieden dieser Isotope umgehen können und effizient da eben eine Anreicherung herstellen können. |
[00:33:49] | Das finde ich interessant. Wenn man eben gerade so die Nachrichten verfolgt auch immer wieder zum Thema welches Land jetzt wieder unerlaubt Atomkraftwerke baut und Stoffe anreichert, dann scheint die Schwierigkeit im Umgang mit dieser ganzen Technologie – es klingt zumindest so – nicht der Reaktor zu sein, sondern die Zentrifugentechnik für die Anreicherung. |
[00:34:05] | Ja, wenn Sie jetzt die Anreicherungsanlage eben viel länger laufen lassen und anders handhaben, dann können Sie auch höher anreichern. Aber Sie müssen natürlich die Inspektoren der internationalen Atomenergiebehörde in Ihre Anlage rein lassen. Und die prüfen nach, ob Sie auch wirklich nur bis 4 oder 5 % anreichern. Es gibt eine andere Grenze für Forschungsreaktoren, die liegt bei 20 %. Und das reicht alles noch lange nicht, um jetzt eine Atomwaffe zu betreiben. Ich kenne mich da natürlich im Detail nicht mit aus, wie sowas genau funktioniert, habe aber gehört, dass man für eine Waffe 90 % und mehr anreichern müsste. Und das dauert sehr sehr lange. |
[00:34:48] | Aber ist im Prinzip der gleiche Prozess? |
[00:34:49] | Das ist der gleiche Prozess. |
[00:34:52] | Gut, wir haben jetzt also die Brennstäbe, haben die zu Brennelementen zusammengefasst, haben die mit unserem Kran in den Reaktorkern eingebracht und wenn es ein ganz neuer Kraftwerk ist – haben wir vorhin drüber geredet -, brauche ich eine Neutronenquelle, um das Ding anzuschieben sozusagen. |
[00:35:05] | Ja, jetzt fahren wir das Kraftwerk hoch, machen also den Reaktor kritisch. Das heißt, wir ziehen langsam die Steuerstäbe und messen den Neutronenfluss im Reaktor, also wie viele Neutronen dort sind. |
[00:35:19] | Wie messen wir das? |
[00:35:20] | Da gibt es Präparate, die also durch die Neutronen radioaktiv gemacht werden. Und diese Radioaktivität ist dann wieder messbar. |
[00:35:28] | Das heißt, die sind in den Brennelementen irgendwo drin? |
[00:35:32] | Da gibt es Messlanzen dann auch im Kern, die das messen. Und das ist dann spannend. Wir machen das in der Vorlesung mit so einem Simulator, wo wir also diese Steuerstäbe dann langsam ziehen. Und wenn wir ziehen, erhöht sich natürlich der Neutronenfluss. Wenn wir nicht ziehen, erhöht er sich nicht. Und dann gibt es einen bestimmten Punkt, da braucht man gar nicht mehr ziehen, er erhöht sich von selber. Das ist dieser spannende Punkt, wenn der Reaktor überkritisch geworden ist. Jetzt tritt das ein, was wir vorhin gesagt haben. Der Reaktor ist überkritisch, also pro Zeiteinheit werden mehr Neutronen erzeugt als verloren gehen oder absorbiert werden. Und das heißt, jetzt wird die Leistung erhöht. Also der Fluss erhöht sich von Minute zu Minute. Exponentiell geht das. Und das ist anfangs sehr langsam, das kann man gerade mal messen. Aber wenn ich das also sehe, dann brauche ich gar nicht weiter Steuerstäbe ziehen, sondern überlasse jetzt diesen Prozess sich selber. Die Leistung steigt an. Allerdings sind dann, wenn sich der Reaktor erwärmt, wieder andere Prozesse zu berücksichtigen. Denn mit der Erwärmung nimmt ja die Dichte des Moderators auch wieder ab. |
[00:36:44] | Moderator war Wasser. |
[00:36:45] | Das war ja Wasser. Nimmt ja mit der Erwärmung ab. Und dann kommt es bei höheren Temperaturen wieder zu einem Stillstand. Das ist also ein wirklich stabiles Verhalten, das ist erwünscht, dass das so ist. Denn sonst würde ja ein instabiler Prozess eingeleitet werden können. Das ist nicht der Fall. |
[00:37:03] | Das heißt, ich muss also nicht durch gezieltes Rauf- und Runterfahren der Steuerelemente den Reaktor in einer Größenordnung energietechnisch halten, die mir passt, sondern der stabilisiert sich bei bestimmten, wahrscheinlich von der Geometrie definierten Größenordnungen selber? |
[00:37:17] | Der stabilisiert sich von selber. Wir nennen das „er hat einen negativen Temperaturkoeffizienten“. Und alle Reaktoren sind so konstruiert, dass sie einen negativen Temperaturkoeffizienten oder später dann, wenn wir in einem Siedewasserreaktor Dampfbildung haben, dann einen negativen Void-Koeffizienten haben. Void ist der Leerraum, also der Dampfraum. Auch der muss negativ sein, damit sich immer solch ein stabiler Prozess ergibt. |
[00:37:50] | Das heißt, die Steuerstäbe brauche ich dann erst wieder, wenn ich das Ding runterfahre? |
[00:37:53] | Genau, eigentlich zur Regelung des Reaktors brauche ich die Steuerstäbe überhaupt nicht. Ich brauche sie dann, wenn die Menge des Urans sich verändert hat zum Beispiel, denn wir haben ja einen sogenannten Abbrand. Der Abbrand, da brennt zwar nichts, aber natürlich wird da jetzt das spaltbare Uran verringert. Und dann würde der Reaktor ja bei gleicher Steuerstabstellung wieder unterkritisch. Das heißt, ich muss dann die Steuerstäbe wieder ein bisschen mehr rausziehen und die Regelung über die Steuerstäbe ist sehr langsam. Das ist eine sehr träge Sache. Es gibt dann aber eben noch die Möglichkeit einer schnelleren Regelung. Die funktioniert im Siedewasserreaktor über die Umwälzpumpen. Wenn ich also den Reaktor über eine Zirkulation des Kühlmittels besser kühle, dann sinkt ja die Temperatur des Moderators, des Kühlmittels. Damit wird die Dichte erhöht. Dann moderiert der wieder besser. Das sind alles sehr empfindliche Prozesse. Und es wird durch die bessere Moderation mehr Leistung erzeugt, also mehr Spaltungen finden dann wieder statt. Und indem ich also den Reaktor besser kühle, erzeugt er mehr Leistung und wird wieder auf meinen Ausgangszustand zurückkehren von der Temperatur her, bei höherer Leistung. Das heißt, ich kann einfach durch die Umwälzpumpen, indem ich die Kühlung verändere, die Leistung regeln. |
[00:39:20] | Um nochmal kurz auf dieses stabile Gleichgewicht zu kommen, von dem Sie geredet haben, das sich also einstellt aufgrund der Tatsache, dass wir einen negativen Temperaturkoeffizienten haben: Wodurch wird bestimmt, auf welcher Größenordnung bei welcher Energie- oder Elektronen- oder Neutronenfluss-Leistung… Ist das geometrisch? Ist das bauartbedingt, oder wie…? |
[00:39:39] | Ja, da spielt natürlich vieles eine Rolle. Ja, die Geometrie spielt eine Rolle, die Stellung der Steuerstäbe und eben die Vorgeschichte, also wie ich den Reaktor in diesen Zustand bringe. Bei Ihrem Auto, da haben Sie ein Gaspedal und die Motorleistung ist abhängig von der Stellung des Gaspedals. Beim Reaktor ist das nicht so, da ist also sozusagen das Gaspedal immer in einer Neutralstellung und es hängt davon ab, wie sie diese Neutralstellung erzeugt haben. Und nur, wenn Sie jetzt die Leistung erhöhen wollen, drücken Sie das Gaspedal kurz, die Leistung erhöht sich und dann gehen Sie wieder in den Ausgangszustand zurück. |
[00:40:15] | Ist es jetzt ein guter Zeitpunkt über die verschiedenen Reaktortypen zu reden? Sie haben schon Siedewasserreaktor erwähnt, zwei Mal. Es wird langsam Zeit, dass wir mal die… Genau, fangen wir vielleicht gerade mit dem Siedewasserreaktor an, oder? |
[00:40:29] | Ja, das ist auch der einfachste. Der erzeugt den Dampf für die Turbine direkt im Reaktordruckbehälter. Das heißt, wir haben oberhalb des Kerns im Reaktordruckbehälter eine freie Oberfläche und darüber ist Dampf. Und wir haben im Siedewasserreaktor eben einen Siedevorgang. Das Wasser kocht, der steht natürlich unter Druck. Bei 70 bar etwa haben wir die Siedetemperatur von ungefähr 280 Grad Celsius. Das sind genau die thermodynamischen Bedingungen, die wir in einem Reaktordruckbehälter haben, egal, ob der jetzt bei voller Leistung betrieben wird oder bei halber Leistung, bei Teillast. Das sind immer die gleichen Parameter. Und dieser Dampf, der wird dann eben aus dem Reaktorgebäude heraus geleitet in das sogenannte Maschinenhaus. Das ist ebenfalls ein großes Gebäude, wo dann die Dampfturbine drin steht. |
[00:41:22] | Ist das direkt der Dampf aus dem Reaktor? Ist der radioaktiv dann, oder…? |
[00:41:27] | Ja. Gut, der Dampf selbst ist nicht radioaktiv, aber er trägt radioaktive Partikel mit sich und die sind dann auch im Maschinenhaus. Von daher ist also im Maschinenhaus eine gewisse Menge Radioaktivität vorhanden. Im Maschinenhaus eines Siedewasserreaktors. |
[00:41:44] | Genau, das heißt, da ist eben sozusagen das Maschinenhaus Teil der… |
[00:41:49] | …des Sicherheitsbereichs. Wenn Sie da rein wollen, dann bekommen Sie ein Dosimeter, das also misst, wie viel Strahlung Sie jetzt abbekommen haben. Aber Sie müssen sich das nicht vorstellen, dass da alles verstrahlt ist. Sie können da rein. Ich war selbst schon im Maschinenhaus eines Siedewasserreaktors. Sie können da rein und es ist keine sehr hohe Strahlung. |
[00:42:09] | Nochmal ganz kurz, damit ich das wirklich verstehe. Sie haben gesagt, die Temperaturen und Drücke sind bei Halb- und bei Volllast die gleichen. Was unterscheidet sich dann zwischen Halb- und Volllast? |
[00:42:18] | Der Massenstrom. Die Dampfmenge, die erzeugt wird ist natürlich unterschiedlich. Und das sind mehrere Tonnen pro Sekunde an Dampf, die so ein Reaktor erzeugt. |
[00:42:33] | Meterdicke Leitungen dann, oder? |
[00:42:34] | Ja, gut, da sind natürlich auch große Strömungsgeschwindigkeiten, das sind so Leitungen mit 50 cm Durchmesser. Das steht alles unter Druck natürlich auch. Und das Wasser, was verdampft im Reaktordruckbehälter, wird natürlich über die sogenannten Speisewasserpumpen wieder ersetzt. Das heißt, Sie haben ständig eben auch einen Kreislauf, der aufrecht erhalten wird durch Nachspeisung. |
[00:42:55] | Wenn diese Pumpe ausfällt, dann habe ich… |
[00:43:00] | Wenn die ausfällt, dann sinkt der Wasserspiegel im Reaktordruckbehälter. |
[00:43:05] | Weil mehr Dampf erzeugt wird, weil nicht mehr gekühlt wird? |
[00:43:06] | Sagen wir mal, die würde jetzt ausfallen, Sie würden aber den Reaktor nicht ausschalten. Wenn das die Annahme ist. Kurzzeitig kann man das auch mal machen, also die Pumpe ausschalten. Und dann werden Sie sehen, dass der Pegel im Druckbehälter sinkt. Der steht ungefähr vier bis fünf Meter über der Oberkante der Brennelemente und die Brennelemente müssen natürlich immer mit Wasser bedeckt sein. Also, so lange wie es dauert, bis die Oberkante erreicht ist durch die Verdampfung, können Sie den tatsächlich auch mal ohne Speisewasser oder mit reduzierter Einspeisung betreiben. Das sind aber nur wenige Minuten, das heißt Siedewasserreaktoren haben typischerweise zwei Speisewasserpumpen und eine dritte läuft mit. Die läuft kontinuierlich mit, obwohl sie nicht gebraucht wird. Sie wird nur für den Fall gebraucht, dass die anderen Pumpen mal für eine Zeit lang aus irgendeinem Grund nichts liefern oder weniger liefern. Und wenn die Speisewasserpumpen alle ausfallen, dann müssten Sie natürlich sofort eine Schnellabschaltung machen. |
[00:44:07] | Heißt: Steuerstäbe rein? |
[00:44:08] | Genau, die fallen dann rein. |
[00:44:09] | Das ist eine gute Idee, fallen. Gravitation, automatisch. |
[00:44:12] | Also beim Siedewasserreaktor kommen sie von unten, da werden sie durch Pressluft reingedrückt. Beim Druckwasserreaktor kommen sie von oben, da fallen sie rein. |
[00:44:19] | Druckwasserreaktor, Sie haben es gerade erwähnt… |
[00:44:22] | Ja, also der Unterschied ist, dass der Druckwasserreaktor keinen Siedevorgang im Reaktordruckbehälter hat, sondern wir haben den Kreislauf aufgeteilt in einen sogenannten Primärkreislauf, der geht durch den Druckbehälter über eine Förderpumpe, eine Umwälzpumpe in den Dampferzeuger und der Dampf wird erzeugt in drei oder vier großen Dampferzeugern… |
[00:44:48] | Dampferzeuger heißt, da ist auch wieder Wasser drin und das wird durch das andere heiße Wasser… |
[00:44:51] | Da ist auf der Primärseite eben das heiße Wasser, das durch den Reaktordruckbehälter geflossen ist, bei sehr hohem Druck – 160 bar -, damit eben wirklich kein Sieden eintritt. Und die Sekundärseite, die ist so ähnlich, wie es beim Siedewasserreaktor ist. Da haben wir also eine freie Oberfläche, unten wird eingespeist und oben haben wir Dampf. |
[00:45:10] | Also im Prinzip haben wir da einfach den Kreislauf des Dampfes, der in die Turbine geht, entkoppelt von dem Wasser, das tatsächlich durch den Reaktorkern fließt. |
[00:45:19] | Ja. Das wird ja beim Kohlekraftwerk ähnlich gemacht mit dem Unterschied, dass Sie im Kohlekraftwerk den Dampf dann noch weiter erhitzen. Das können Sie in den Abgasleitungen des Kohlekraftwerks machen und Sie haben dann Frischdampftemperaturen von 500 Grad und mehr, 600 Grad. Das kann ein Kernreaktor nicht, sondern wir haben also sowohl beim Siedewasserreaktor als auch beim Druckwasserreaktor immer nur Sattdampf, gesättigten Dampf, der sich also genau auf der Siedetemperatur, die zu diesem Druck gehört, befindet. Keinen überhitzten Dampf und von daher sind also die höchsten Temperaturen, die in Kernreaktoren auftreten, geringer als in vergleichbaren Kohlekraftwerken. Das wirkt sich dann auf den Wirkungsgrad aus. |
[00:46:06] | Der ist dann entsprechend schlechter. Kann man sagen, Druckwasserreaktoren sind moderner, Siedewasser ist veraltet? Oder warum gibt es beide? Was sind da die Trade-offs zwischen den beiden? |
[00:46:18] | Nein, das kann man nicht sagen. Die Einen sind genauso verbreitet wie die Anderen und es hat auch von jeher immer schon beide Typen gegeben. Das ist so ein bisschen Ansichtssache und man kann auch nicht sagen, der Eine ist besser als der Andere. Wir haben in Deutschland beide Typen. In den USA gibt es beide Typen. In Frankreich nur Druckwasserreaktoren und in Japan hauptsächlich Siedewasserreaktoren. Aber das ist ein bisschen Ansichtssache und man kann da nicht sagen, dass der eine Typ besser ist oder sicherer oder wirtschaftlicher als der andere, das ist nicht so. |
[00:46:53] | Es sind beides Beispiele von Leichtwasserreaktoren, also sprich: Es wird normales H2O-Wasser eingesetzt. |
[00:47:00] | Ja. Dann, wenn es Leichtwasserreaktoren gibt, dann muss es ja offensichtlich auch Schwerwasserreaktoren geben. Die gibt es auch in Kanada zum Beispiel, haben wir ja schon erwähnt. Wenn man jetzt eben wie gesagt Natur-Uran verwenden will, dann muss man dafür sorgen, dass weniger absorbierende Stoffe vorhanden sind und man braucht dann eben schweres Wasser. |
[00:47:20] | Wo kriegt man das her? |
[00:47:21] | Das ist gar nicht so einfach. Es gibt elektrolytische Prozesse, mit denen das erzeugt werden kann. Und es ist auch relativ teuer, das zu erzeugen. Von daher ist es also die Frage, was jetzt wirtschaftlich besser ist. Reichert man jetzt an oder nicht? Ach so, das habe ich noch nicht gesagt, dass man also jetzt für die Schwerwasserreaktoren, die in Kanada laufen, Natur-Uran verwenden kann. Man muss nicht anreichern. |
[00:47:45] | Und die Kanadier haben das wahrscheinlich selber und sind deshalb wahrscheinlich auf diesem Trip. |
[00:47:49] | Ja, es ist ein anderes Konzept und auch die Bauart dieses Reaktors ist etwas anders. Das ist der sogenannte CANDU-Reaktor, der ist auch in den 70er Jahren mal nach Indien verkauft worden und dann haben die Inder den nachgebaut. Von daher sind also indische Reaktoren so ähnlich gebaut. |
[00:48:06] | Und wie unterscheidet der sich? |
[00:48:08] | Der hat keinen Reaktordruckbehälter, sondern das ist ein Druckröhrenreaktor. Das heißt, der Moderator befindet sich in einem großen Behälter, durch den dann wieder Röhren durchlaufen, in denen sowohl das Kühlwasser als auch der Brennstoff ist. Und interessanterweise, bei den kanadischen Reaktoren sind also diese Röhren horizontal und nicht vertikal. Das Kühlmittel fließt also horizontal. Das ist also eine andere Bauart und man muss also diesen doch aufwendigen Reaktordruckbehälter nicht herstellen. Hat den Vorteil, dass sozusagen während des Betriebs die Brennelemente gewechselt werden können. Also die verbrauchten Brennelemente können abgezogen werden durch diese horizontalen Rohre. Da gibt es dann so eine Abzugseinrichtung, die es nicht erforderlich macht, den gesamten Reaktor für den Brennelementwechsel abzuschalten und dann – das muss man ja regelmäßig bei unseren Reaktoren machen – und dann für zwei oder drei Wochen stillzulegen. |
[00:49:12] | Es gibt auch noch Graphitreaktoren, richtig? |
[00:49:15] | Ja, der russische sogenannte RBMK-Reaktor. Das ist ganz anders gebaut. Das ist also erstens ein Druckröhrenreaktor, der mit Leichtwasser kühlt, aber die Moderation geht jetzt nicht über schweres Wasser, sondern über Graphit mit senkrechten Röhren. So ist also dieser Tschernobyl-Reaktor gebaut und hier ist also klar ein Konstruktionsfehler, wie wir das nennen, zu erkennen. Denn es ist ja in Leichtwasserreaktoren so: Wenn das Leichtwasser – das hat ja zwei Funktionen, nämlich Kühlung und Moderation – wenn das jetzt aus irgendeinem Grunde weg ist, also durch Undichtigkeit, was auch immer, dann ist ja nicht nur die Kühlung weg, sondern auch die Moderation. Und das macht das Ganze wieder stabil. |
[00:50:02] | Das bedeutet, dass die Neutronen nicht auf eine Größenordnung abgebremst werden, wo sie zu weiteren Kettenreaktionen führen. |
[00:50:09] | Ja, genau. Die Moderation ist ja notwendig zur Aufrechterhaltung der Kettenreaktion. Und das ist in dem russischen RBMK-Reaktor eben nicht der Fall. Wenn da das Kühlmittel weg ist, dann ist der Moderator, nämlich dieses Graphit, immer noch da. Und das macht diesen Reaktor eben sehr instabil. |
[00:50:27] | Das heißt also, wenn das Wasser rausläuft, kann ich nicht mehr kühlen. Das Ding wird heiß, aber die Kettenreaktion bleibt trotzdem im Gange, weil der Moderator noch da ist. Warum muss ich denn überhaupt kühlen? Also, man könnte ja argumentieren als Laie: Wenn die… Also ich verstehe natürlich, dass man über die Moderation die Kettenreaktion regeln muss, klar. Warum muss ich kühlen? |
[00:50:51] | Ja, wenn Sie keinen Strom von Kühlmittel aufrecht erhalten, dann würde ja das Kühlmittel sich immer weiter erhitzen und verdampfen. Und dann würde die Wärme, die durch die Kettenreaktion erzeugt wird, zu immer höheren Temperaturen führen. Das würde Überhitzung bedeuten. |
[00:51:04] | Aber ich könnte ihn ja dann einfach, wenn das Wasser rausläuft, durch Graphit reinfahren runter regeln, oder geht das nicht schnell genug? |
[00:51:11] | Durch Steuerstäbe reinfahren, Absorbermaterial reinfahren. Ja, das ist natürlich ein manueller Vorgang, den man natürlich macht. Aber jeder Reaktor muss von sich aus schon einen stabilen… Ich meine, das ist bei jedem dynamischen System in der Technik so. Das soll natürlich von sich aus… Jedes Flugzeug soll also horizontal fliegen, wenn Sie nichts machen. Und das muss auch beim Reaktor natürlich der Fall sein. Wenn Sie nichts machen, dann sollte er in einem stabilen Zustand sein. Und das ist eben nicht der Fall, wenn Sie Kühlmittel und Moderator voneinander trennen. |
[00:51:42] | Jetzt verstehe ich es. Es gibt auch, habe ich mal irgendwo gelesen, und ich habe es auch wieder auf so einer Stelle bei Ihnen gerade draußen gesehen, es gibt auch irgendwelche Kügelchen, Graphitkügelchenreaktoren. |
[00:51:53] | Ja, genau, Sie meinen die gasgekühlten Reaktoren. Die gasgekühlten Reaktoren, da ist gar kein Wasser drin. Das Gas steht unter Druck – 60 bar ungefähr – und hat dadurch also auch eine Dichte, die ausreicht, um einen Kühleffekt zu erzeugen. Also Sie können mit einem gasgekühlten Reaktor eben das Gas erhitzen, dann wieder in einem Wärmeübertrager oder einer Turbine dann mechanische Energie und schließlich Elektrizität erzeugen. Und jetzt ist die Frage: Wie wird der moderiert? Da hat es ja auch in Deutschland tatsächlich mal eine Entwicklung gegeben. Der HTR, der Hochtemperaturreaktor, das war ja ein graphitmoderierter, gasgekühlter Reaktor. Hier ist aber jetzt diese Instabilität, von der ich gerade geredet habe, die ist hier nicht vorhanden, weil das Gas kann ja sehr hohe Temperaturen vertragen. Das verdampft ja nicht, das ist ja schon gasförmig. Und hier kommt dann der negative Temperaturkoeffizient, von dem wir vorhin gesprochen haben, ganz stark zum Tragen. Also diese gasgekühlten Reaktoren, die haben diese Stabilität durchaus sogar bei sehr hohen Temperaturen. Und man hat ja bei diesem Reaktor sogar die Eigenschaft, dass der sich von selbst ausschaltet, wenn er zu warm wird. Dann müssen Sie gar nicht von außen Steuerstäbe einführen. Der hat einen Mechanismus, bei sehr hohen Temperaturen, da werden Spaltstoffe erzeugt, die absorbierend auf die Neutronen wirken, sogenannte, wir nennen das „Neutronengift“. Der vergiftet sich selber. Der hat also sehr günstige Eigenschaften bezüglich der Reaktorphysik, aber okay, diese Gaskühlung, die hat natürlich dann thermodynamisch wieder andere Eigenschaften. |
[00:53:44] | Deshalb hat es sich auch nicht durchgesetzt bisher? Oder ist einfach nur das Geld ausgegangen? |
[00:53:47] | Ja, hohe Temperaturen, da haben Sie natürlich Materialprobleme bei 1000 Grad oder so. Und wenn Sie das über Jahre betreiben… Ich will aber nicht sagen, dass das schon alles vom Tisch ist. Er wurde ja in den 80er Jahren tatsächlich mal in Deutschland entwickelt, dann allerdings nicht, außer mit einer Ausnahme, aber nicht im größeren Stil gebaut. Das kommt aber gerade wieder zurück weltweit. Es gibt weltweit Initiativen, solche Reaktoren doch wieder zu bauen, weil es eben auch Vorteile gibt. Zum Beispiel können Sie ja diese hohe Temperatur nicht nur zur Stromerzeugung benutzen, sondern für chemische Prozesswärme. Also in chemischen Fabriken oder eben zur Wasserstofferzeugung. Denken Sie an Hochtemperatur-Elektrolyse oder andere Watersplitting… Also solche Prozesse, wo also Wasserstoff zum Beispiel zum Antrieb für Automobile eben erzeugt werden kann. |
[00:54:44] | Es gibt noch den schnellen Brüter. Zumindest in Deutschland war der mal, gab es mal, ich weiß nicht mehr, wann das war, aber das ging mal durch die Medien. In Kalkar war der doch, oder? Genau. |
[00:54:54] | Er wurde nie in Betrieb genommen, Kalkar. Das Prinzip des Brüters wurde in Deutschland auch erforscht und entwickelt, vor allem im Forschungszentrum Karlsruhe, wo auch Versuchsreaktoren liefen. Ein Brüter setzt gezielt auf den Effekt, den ich schon erklärt habe, nämlich, dass die Neutronen das Uran-238 in Plutonium umwandeln. Also er setzt gezielt auf diesen Effekt und warum heißt es „schneller Brüter“? Dieser Effekt, der ist besonders effizient, wenn Sie eben die Neutronen nicht abbremsen zu thermischen Neutronen. Also dieser Brüter, der hat eben genau keinen Moderator. Das ist ein Reaktor, der ohne Moderator läuft. |
[00:55:39] | Und das ist gut, weil…? |
[00:55:41] | Ja, dann haben Sie also diese Abbremsung nicht und diese Brutprozesse, die laufen sehr effizient im Bereich der schnellen Neutronen, wie wir sagen, also der energiereichen Neutronen. Da brauchen Sie hohe Energiedichten des Kerns und die Regelung muss dann allerdings anders funktionieren. Die funktioniert nicht mehr so, wie ich es vorhin erklärt habe, sondern man muss das dann anders machen. Daran wird auch gearbeitet an verschiedenen Stellen in der Welt, in Frankreich, auch in Japan und in den USA werden sicherlich Brüter auch heute noch entwickelt, die dann zum Ziel haben, Plutonium in größeren Mengen zu erzeugen. Andere Reaktoren… |
[00:56:16] | Also nicht in Kraftwerken, sondern mehr oder weniger zum Plutonium-Erzeugen. |
[00:56:20] | Ja, später dann auch in Kraftwerken, wenn das Uran sozusagen verbraucht ist. Das hat man da schon im Hinterkopf, aber wir sind uns natürlich im Klaren darüber, dass es auf der Welt tatsächlich laufende Brüter gibt, nämlich im militärischen Bereich. Wo würden sonst die großen Mengen von Plutonium, die man ja zweifellos in all den Atomwaffen, die es gibt, hat, wo würden diese alle her kommen? Denn das sind ja keine Uran-Waffen, die durch… |
[00:56:49] | So waren die ganz frühen, glaube ich, mal. |
[00:56:50] | Es gibt natürlich auch Uran-Waffen. Aber ich habe ja gesagt, dieser Prozess, der ist sehr langwierig und man hat diese großen Mengen nicht durch Uran hergestellt, sondern durch Brüter, militärische Brüter, die… Wie die funktionieren, das ist geheim. |
[00:57:06] | Aber deren Zweck ist eben nicht die Energieerzeugung, sondern das Plutonium-Brüten? |
[00:57:10] | Ja und jetzt, wie gesagt, haben wir aber dieses Plutonium dann durchaus wieder in unseren Reaktoren drin im Rahmen der Reduzierung der Anzahl der Atomwaffen. Diese Staatsverträge und Vereinbarungen. |
[00:57:26] | Wenn man jetzt nochmal einen Schritt zurück macht und wir uns vorstellen, wir sitzen im Kontrollzentrum von so einem Atomkraftwerk oder von einem Reaktor. Über das gesamte Kraftwerk haben wir ja noch gar nicht wirklich geredet, das machen wir dann gleich. Was machen wir da? Also was können wir steuern und welche Informationen bekommen wir aus dem Reaktor? Also wie arbeitet ein Atomkraftwerkssteuermensch, oder wie auch immer man den nennt? Was tut der? |
[00:57:53] | Ja in der Warte, da hat man natürlich einen Überblick über alle Funktionen des Reaktors. Ja, eben auch zum Beispiel über die Steuerstäbe. Das Erste, was man natürlich macht, ist das Hochfahren des Reaktors. Das ist sehr spannend, wie man das macht. Dann ist der irgendwann auf, sagen wir mal, 100 % Leistung. Und so ein Reaktorfahrer… Eigentlich ist er immer bestrebt, seinen Reaktor möglichst auf voller Leistung zu halten. Das hängt gar nicht nur von ihm selber ab, sondern er braucht ja auch einen Abnehmer für den Strom. Das heißt, er steht im Kontakt mit dem Elektrizitätswerk und die sagen ihm, wie viel sie also abnehmen können. Wenn die sagen „Geh mal auf halbe Leistung“ oder so, dann muss er eben durch seine Umwälzpumpen – wie wir es vorhin beschrieben haben – diese Leistung regeln. Er ist dann außerdem bestrebt, seinen Abbrand möglichst gleichmäßig zu gestalten. Er hat ja seinen Kern für ungefähr ein Jahr lang in seinem Reaktor drin und nach dieser Zeit ist also das spaltbare Material in diesem Kern verbraucht. Und das hängt davon ab auch, wie effizient er in dieser Zeit diesen Kern gefahren hat. |
[00:58:59] | Was kann der da falsch machen? Also wie kann er den nicht effizient fahren? |
[00:59:02] | Wenn die Leistung ungleichmäßig über den Kern verteilt ist. Stellen Sie sich vor, der würde jetzt mit halber Leistung fahren. Im oberen Bereich hat er noch die volle Leistung und im unteren Bereich nur ganz wenig… |
[00:59:13] | Und wie steuert er das? |
[00:59:13] | Ja das macht er über die Steuerstäbe. Das sind ganz ausgeklügelte, optimierte Verfahren, mit denen man so etwas macht. Und man macht das über die Anordnung der Brennelemente im Kern. Denn es ist ja nicht so, dass bei einem Brennelementwechsel der gesamte Kern ausgewechselt wird, sondern es wird nur ein Drittel des Kerns ausgewechselt. Da kommen also die Brennelemente… Ein Drittel ins Abklingbecken. Frische Brennelemente kommen rein. Und dann erfolgt aber eine Umsortierung der gesamten Brennelemente im Kern. Und das sind hocheffiziente und hochoptimierte Verfahren heutzutage, mit denen man dann also erreicht, dass man einen möglichst hohen Abbrand, das heißt eine möglichst hohe Ausnutzung des spaltbaren Materials im Kern, hat. |
[01:00:02] | Woher weiß ich, welches Element wie stark abgebrannt ist? |
[01:00:05] | Erstmal kann ich messen. Ich messe natürlich auch die Verteilung des Neutronenflusses. Und man kann es auch berechnen. Also diese Messung und Berechnung ergänzt sich das. |
[01:00:16] | Wenn Sie sagen, dass die Steuerstäbe dazu verwendet werden, den Abbrand sozusagen auf der Y-Achse zu steuern, dann muss es ja so sein, dass die Steuerstäbe nicht auf ihrer ganzen… Also ich stelle mir vor, wenn ich die nur rausziehen kann und auf der ganzen Y-Ecke, wo quasi die noch nicht rausgezogen sind… Wissen Sie, was ich meine? Also ich kann ja dann nie oben nur… |
[01:00:37] | Zwischen oben und unten können Sie regeln, ja da können Sie verteilen. Ja, ich weiß, was Sie meinen. Ja, es gibt aber noch andere Möglichkeiten zu steuern. In den Brennelementen selber können Sie auch Materialien haben, die am Anfang der Lebensdauer des Brennelementes eine absorbierende Wirkung haben und sich selbst zerstören mit der Zeit. Das sind sozusagen die brennbaren Gifte. Die werden abgebaut mit der Zeit. Das sind alles hochoptimierte Sachen. Oder, wenn Sie an den Druckwasserreaktor denken, da ist eben die Regelung nicht nur über die Steuerstäbe, sondern man hat im Kühlwasser eine absorbierende Substanz, nämlich Bor. Borsäure. |
[01:01:19] | Ah, da hat man gerade auch was darüber gehört. |
[01:01:20] | Also Bor ist ein Neutronen absorbierendes Material und das haben Sie im Kühlwasser eines Druckwasserreaktors auch zur Regelung. Das ist relativ kompliziert, das alles so zu machen, dass der Abbrand möglichst gleichmäßig ist. |
[01:01:37] | Das heißt nochmal, als Reaktorfahrer, ich habe wahrscheinlich die Reaktortemperatur, ich habe die elektrische Leistung, die thermische Leistung, ich weiß die Stellung meiner Steuerstäbe und das ist es. |
[01:01:49] | Ja, Sie machen Tests. Sie machen von Zeit zu Zeit Messungen des Neutronenflusses. Das macht man über eine kleine Leitung, in der sich winzige Kügelchen befinden – also einen Millimeter Durchmesser. Die werden aktiviert. Also eine Reihe, eine Kette von Kügelchen geht da rein, die bleiben da eine Zeit und werden dadurch, dass sie sich im Kern befinden, selbst radioaktiv, also aktiviert. Dann holt man die wieder raus mit Pressluft und in einem Messgebäude wird dann diese Reihe der Kügelchen einzeln vermessen, so dass Sie also eine Information darüber haben, wie der Neutronenfluss im Kern aussieht. Das könnte auch… Das müssen nicht Kugeln sein, das könnte auch ein Draht sein, ein Metalldraht. Und so haben Sie also als Reaktorfahrer eine Vielfalt von Informationen, die Sie dafür verwenden können, Ihren Reaktor zu optimieren oder die Lebensdauer Ihres Reaktors zu optimieren. |
[01:02:42] | Aber das ist dann, wie Sie vorhin schon gesagt haben, zumindest im Nicht-Störfall so, dass das Ganze relativ lang laufende und gemächliche Prozesse sind. Ich meine, wenn Sie da Kugeln reinschießen können und die ausmessen, das dauert ja alles. |
[01:02:56] | Ja, im Prinzip ist es am besten, wenn ein Reaktor immer auf konstanter Leistung gefahren wird, sagen wir mal immer auf 100 % Leistung. Dafür ist er gebaut, da kann man das am besten optimieren. Wenn Sie jetzt fragen: Wie kann man diesen Reaktor jetzt auch regeln? Dann ist es natürlich schon so, Sie können mithilfe der Umwälzpumpe… Das ist dann ja ein Prozess, der ist nicht so träge. Das war ja diese Regelung über die Kühlung. Da können Sie den Reaktor durchaus regeln, also Größenordnung 10% Reaktorleistung in einer Viertelstunde. So können Sie den durchaus regeln. |
[01:03:31] | Wenn ich den Reaktor runterfahre, dann ist die Reaktion aber nicht schlagartig zu Ende, sondern da klingt was nach oder… |
[01:03:42] | Also ich kann die Kettenreaktion schlagartig beenden durch Einfahren der Steuerstäbe. Das ist ja die sogenannte Schnellabschaltung. Dann ist innerhalb von ein, zwei Minuten die Kettenreaktion komplett beendet und damit auch die Wärmeerzeugung komplett beendet. Wenn ich ihn jetzt langsam runterfahre, dann werde ich aus Rücksicht auf die Strukturen des Reaktors das jetzt nicht innerhalb von einer Minute machen, sondern das vielleicht auf eine halbe Stunde verteilen. Dadurch habe ich aber, genau wie Sie gesagt haben, immer noch eine – wir nennen das die Nachzerfallswärme. Also eine Wärmeerzeugung des Kerns nicht aufgrund der Kettenreaktion, sondern aufgrund von Spaltungen, die immer noch stattfinden und der Radioaktivität, die ja immer noch in den Spaltprodukten vorhanden ist. Also Radioaktivität erzeugt Wärme. |
[01:04:35] | Das ist wieder genau das, was ich ganz am Anfang gesagt hatte mit diesen Radiothermal Generators, die bei irgendwelchen Raumsonden mit drin sind. Okay. |
[01:04:41] | Genau. Radioaktivität erzeugt Wärme. Und wir haben so eine Faustformel, dass wir sagen: In der ersten halben Stunde ist die Nachzerfallswärme 7 % der thermischen Reaktorleistung. Wenn man das also mal ausrechnet, die thermische Reaktorleistung eines großen Leichtwasserreaktors, die ist ja ungefähr vier Gigawatt, vier Milliarden Watt. Und rechnen Sie da mal 7 %, das ist also immer noch sehr viel. |
[01:05:06] | Das heißt also, ich muss auch, nachdem ich den Reaktor abgeschaltet habe, weiter kühlen? |
[01:05:10] | Weiter kühlen. Sie fahren den dann kalt, das heißt, der wird dann auf Umgebungstemperatur mit der Zeit gebracht durch die Kühlsysteme, durch die Umwälzung eben. Und dann nimmt natürlich auch mit der Zeit diese Nachzerfallswärme ab. Die ist also dann nach einem Tag nicht mehr 7%, sondern vielleicht nur noch 1 % und nach mehreren Tagen eben nur noch im Bruchteile von Prozent Bereich. |
[01:05:37] | Und um jetzt auf die aktuellen Ereignisse in Japan zu sprechen zu kommen, da ist genau das passiert. Die haben den Reaktor runtergefahren und dann ist ihnen der Strom ausgegangen um die Nachwärme weiterhin kühlen zu können. |
[01:05:50] | Genau. Also die Schnellabschaltung ist wohl passiert während des Erdbebens oder schon vorher, als schon Erdstöße zu spüren waren. Da erfolgt automatisch die Schnellabschaltung. Dann erzeugt der Reaktor ja keinen Strom mehr. Dann holt er sich seinen Strom für diese Kühlung über das Netz. Dieses Netz war aber durch das Erdbeben eben auch ausgefallen. Der war nicht mehr mit dem Netz verbunden. Dann hat man Notstromaggregate, das sind große Dieselmotoren, so große Schiffsdiesel. Normalerweise vier Stück. Einer wird gebraucht. Die vier sind auch angesprungen und haben den Strom erzeugt für die Nachkühlung. Nur, dann kam eben der Tsunami und hat diese Dieselaggregate offensichtlich überschwemmt und dann war also der Reaktor stromlos. Das heißt, diese Kühlung der Nachzerfallswärme hat nicht mehr stattgefunden, beziehungsweise ganz stimmt das auch nicht, denn es gibt immer noch eine Einrichtung über eine Turbine, wo mittels… Es wird ja dann auch Dampf erzeugt. |
[01:06:53] | Genau, weil warm ist er ja noch. |
[01:06:55] | Da wird durch so eine kleine Turbine nochmal eine Pumpe angetrieben. Aber dieses System, das ist nicht dafür gemacht, dass es mehrere Tage laufen kann. Das ist dann auch nach einiger Zeit ausgefallen. |
[01:07:04] | Das heißt aber, das beantwortet auch die Frage, die ich immer wieder so gehört habe: Warum kann der Reaktor nicht für sich selber so viel Strom erzeugen, dass er sich wenigstens noch kühlen kann? Also das klingt zwar nach Perpetuum mobile, aber wie Sie gerade sagten: Der hat eben keinen Strom mehr erzeugt. |
[01:07:19] | Für eine gewisse Zeit kann er sich selbst noch kühlen, aber kein Reaktor ist dafür gebaut, dass er mehrere Tage ohne Elektrizität auskommt. Das hat eben die Katastrophe ausgelöst. Dann wird dann eben nicht mehr gekühlt und die Nachzerfallswärme führt dann dazu, dass jetzt eben eine Zerstörung, ein Schmelzen dieses Kerns stattfindet. |
[01:07:43] | Das wäre dann die Kernschmelze, oder? Kann man das so sagen? |
[01:07:45] | Ja, jetzt gibt es mehrere Szenarien, die jetzt hier eintreten. Also zunächst mal, wir reden ja davon, dass ein mit Wasser bedeckter Kern jetzt noch Wärme erzeugt. Solange der noch mit Wasser bedeckt ist, wird eben diese Wärme zur Verdampfung des Kühlmittels führen. Das heißt, der Wasserstand im Reaktordruckbehälter wird absinken, beziehungsweise wenn man den Reaktordruckbehälter eben geschlossen lässt, dann wird der Druck ansteigen. So, nun kann er ja natürlich nicht beliebige Drücke aushalten. Das heißt, irgendwann geht sowieso das Überdruckventil auf und man hat in dem Fall das Überdruckventil gezielt geöffnet, um mit Pumpen einzuspeisen, die man zum Reaktor hingebracht hat, also Feuerwehrpumpen. Feuerwehrpumpen haben also das Kühlwasser – Meerwasser in dem Fall – in den Reaktor eingespeist. Die müssen da eben gegen einen Druck arbeiten und man musste diesen Druck dann von Zeit zu Zeit verringern. |
[01:08:45] | Damit die Pumpe das noch schafft. |
[01:08:46] | Genau, damit die Feuerwehrpumpe das noch schafft. Die kann also nicht gegen 70 bar einspeisen. Und man musste also diesen Druck regelmäßig verringern und das hat man getan, indem man die Ventile geöffnet hat. Zunächst mal steht ja der Reaktordruckbehälter noch in einem anderen Behälter, den nennen wir den Sicherheitsbehälter. Das ist ein sehr großer Behälter, der ist 50 Meter hoch. Und da geht dann zunächst mal der Dampf rein. Aber auch dieser Behälter kann nur einen begrenzten Druck ertragen, nämlich ungefähr 4 bar, dafür ist er ausgelegt. Und dann haben dann auch irgendwann die Sicherheitsventile sich geöffnet und haben Dampf in die Umgebung abgeblasen. Man musste das in regelmäßigen Abständen machen, um zu ermöglichen, dass diese Pumpen in den Kern überhaupt noch einspeisen können. Und man hat auch wohl nicht geschafft, dass der Kern zu allen Zeiten bedeckt war. Er wurde also zeitweise frei gelegt. |
[01:09:43] | Und das bedeutet jetzt nochmal was? Es wird nicht mehr moderiert. |
[01:09:46] | Die Moderation spielt jetzt keine Rolle mehr. Die Kettenreaktion ist ja ausgeschaltet. |
[01:09:50] | Genau, also es wird nicht mehr gekühlt. |
[01:09:51] | Dieses Kühlwasser enthält auch Borsäure. Deswegen haben ja auch zum Beispiel Südkorea und auch die USA Borsäure zum Reaktor geliefert, damit man eine Rekritikalität verhindert. Also das kann nicht passieren, aber der nicht bedeckte Kern wird sich also jetzt erhitzen. Und wenn der obere Bereich der Brennstäbe nicht bedeckt ist, dann sind mehrere Szenarios möglich. Zunächst mal, ab 800 Grad setzt eine chemische Reaktion ein, die in einer Oxidation der Brennstäbe besteht. Die Brennstäbe sind aus dem Material Zirkon. Also dieses Zirkon oxidiert… |
[01:10:36] | Also die Hüllen der Brennstäbe? |
[01:10:38] | Die Hüllen sind aus Zirkon. Dieses Zirkon oxidiert, das heißt, es entzieht dem Wasserdampf den Sauerstoff. Und dann bleibt… H2O, da geht jetzt der Sauerstoff in das Zirkon und dann bleibt der Wasserstoff übrig. Das erklärt also, dass wir Wasserstoffgas in dem Reaktordruckbehälter und damit auch im Sicherheitsbehälter haben. Und auch dieses Wasserstoffgas hat mit zur Druckerhöhung natürlich beigetragen. So, wenn jetzt der Wasserstoff sich mit Sauerstoff vermischt, haben wir Knallgas. Das kann aber im Sicherheitsbehälter nicht passieren, weil da ist kein Sauerstoff. Der Sicherheitsbehälter ist mit Stickstoff aufgefüllt. Aber in dem Moment, wo also die Überdruckventile sich geöffnet haben, ist natürlich dieses Gemisch aus Wasserstoff und Wasserdampf in die Umgebung gelangt und da ist Sauerstoff. Und das ist in dem Gebäude gewesen und dieser Wasserstoff hat sich natürlich oben am Dach des Gebäudes angesammelt, der steigt ja nach oben. Und da ist das dann explodiert. Das waren die Explosionen, die wir gesehen haben. Die waren also außerhalb des Sicherheitsbehälters. |
[01:11:48] | Um nochmal kurz jetzt unabhängig von Fukushima… Kernschmelze bedeutet, dass so viel Restwärme existiert, dass das Zeug einfach alles schmilzt? Oder… |
[01:12:01] | Ja, genau, wenn es nicht gekühlt wird, dann kann es, wenn die Temperatur dann noch weiter ansteigt, das heißt, der Kern für längere Zeit unbedeckt ist, dann wird er eben nicht nur oxidieren, sondern er wird spröde natürlich. Wenn er dann wieder bedeckt wird, dann wird dieses spröde Material zerbröckeln und wir haben dann im unteren Bereich Brocken von diesen Brennstäben, zerstörte Brennstäbe, Teile davon, liegen. Wir wissen, dass so eine Schüttung durchaus kühlbar ist. Wir untersuchen solche Schüttungen sogar hier im Institut experimentell und theoretisch und wir haben also prototypische Schüttungen untersucht hier und wissen: Die sind durchaus kühlbar. Aber es kann auch noch ein anderes Szenario eintreten, nämlich dass wirklich das Material schmilzt, das Hüllrohrmaterial. Zirkon schmilzt ungefähr bei 2300 Grad Celsius, also das sind sehr hohe Temperaturen, die da notwendig sind und wenn erstmal eine Schmelze sich gebildet hat, die ist ja dann sehr kompakt. Man muss sich das vorstellen als einen Schmelze-See, der von einer Kruste seines eigenen Materials umgeben ist und dieser Schmelze-See kann sich vergrößern, er kann sich aber auch verlagern in andere Bereiche. Wenn also der Schmelze-See oben ist, dann wird er irgendwann überlaufen und sich weiter unten ein anderer Schmelze-See bilden oder eben ganz im unteren Teil des Reaktordruckbehälters sich dieser Schmelze-See bilden. Und dann ist die Gefahr, dass das Material des Reaktordruckbehälters – der ist ja aus Stahl, der hat also viel niedrigere Schmelztemperaturen – dass der mit schmilzt. Dass der also angeschmolzen ist. Und das wäre also ein Durchbruch der Schmelze durch den Reaktordruckbehälter. Es ist möglich, offensichtlich ist aber dieses nicht eingetreten. |
[01:13:55] | In Fukushima jetzt? |
[01:13:56] | In Fukushima. Oder ob ich sagen muss „noch nicht eingetreten“, weiß ich nicht. Das werden wir erst in einigen Wochen wissen. |
[01:14:03] | Ist das dann der GAU? |
[01:14:04] | Ja, das ist der GAU. Denn diese Schmelze, die würde dann in den Sicherheitsbehälter gelangen und der Sicherheitsbehälter ist nicht in der Lage diese Schmelze weiter aufzuhalten. Und dann würde sich diese Schmelze weiter in das Fundament des Reaktors reinfressen. Das ist eine zehn Meter hohe Betonschicht, aber Beton enthält ja Wasser und dieses Wasser wird verdampfen und Hohlräume freigeben und dann würde sich diese Schmelze in das Fundament, vielleicht auch in den darunter liegenden Fels, einfressen und es wäre keine Barriere mehr vorhanden, die diese radioaktive Schmelze von der Umwelt trennt. Es ist anzunehmen, dass diese Schmelze, die dann ja ihre Oberfläche vergrößert, irgendwann wieder verfestigt und zum Stillstand kommt. Aber sie besteht eben aus stark radioaktiven Materialien. Man muss sich das dann angucken, wie das aussieht. Aber wie gesagt, das ist hier noch nicht passiert. Das ist in Tschernobyl passiert. Obgleich… Also der Unfallverlauf von Tschernobyl, der war ja ganz anders. Da haben wir ja einen Graphitbrand gehabt. Ganz anderer Unfallverlauf. Aber letztendlich haben wir natürlich dort auch Schmelze gehabt. Und dieser Sperrbereich um den Ort des Reaktors in Tschernobyl musste man eben einrichten, weil zwischen der Schmelze und der Umwelt keine Barriere mehr vorhanden ist. |
[01:15:26] | Also Grundwasser verseucht oder was auch immer dann da passiert ist. |
[01:15:30] | Ja, genau. Es hat ja in der Geschichte der Kernenergie ein einziges Mal auch schon solch einen Unfall gegeben mit Schmelzebildung. Das war damals in Harrisburg, in den USA, der Reaktor Three Mile Island. Und diese Schmelze ist ja damals nicht durch den Reaktordruckbehälter durchgebrochen, das heißt, der GAU wurde vermieden. |
[01:15:51] | Okay, also es gab eine Kernschmelze, aber keinen GAU. |
[01:15:55] | Genau, es gab damals schon eine Kernschmelze. Da sind also nicht so große Mengen Radioaktivität überhaupt ausgetreten und das ist alles glimpflich verlaufen. Und wir hoffen, dass das also in Fukushima zumindest bezüglich der Schmelze… Ja, wir hoffen, dass es so eintreten wird. |
[01:16:12] | Und wenn wir das Ding schon GAU nennen, was für „größter annehmbarer Unfall“ steht, dann heißt das tatsächlich, dass man sich nichts Schlimmeres vorstellen kann. Ich frage das deshalb, weil man im Volksmund ja auch immer wieder so Sachen hört: „Ja, wenn die Regelung nicht mehr funktioniert, explodiert es wie eine Atombombe.“ Das ist ja eben nicht der Fall. Sondern das Schlimmste ist, dass das Ding nicht mehr gekühlt wird und dann halt tatsächlich sich nach unten durchfrisst. Schlimm genug, also nicht falsch verstehen jetzt. |
[01:16:35] | Ich will jetzt Explosionen nicht ausschließen. Es können jetzt noch sogenannte Dampfexplosionen entstehen. Wenn flüssige Schmelze… |
[01:16:43] | In Fukushima jetzt wieder? |
[01:16:44] | In Fukushima. Wenn diese Schmelze mit Wasser in Berührung kommt, sagen wir mal Meerwasser oder sagen wir mal Wasser, das auch im Gebäude vorhanden ist, weiter unten in diesen Kondensationskammern, dann kann es zu einer Dampfexplosion kommen. Wir kennen das aus dem Vulkanismus, wenn also flüssige Lava in dem Fall mit Meerwasser in Berührung kommt, dann kann es zu einer Explosion kommen, die einfach dadurch resultiert, dass diese Schmelze fein zerstäubt und dann eine große Oberfläche hat und ihre Wärme in sehr kurzer Zeit freigibt. Und der entstehende Dampf führt zu einer explosionsartigen Verteilung der Schmelze. Das wäre auch etwas sehr Schlechtes, weil dann würde diese Schmelze ja fein verteilt vorliegen. Das wäre sehr ungünstig. |
[01:17:43] | Wir haben jetzt ja schon einiges über den Reaktor an sich gesprochen und natürlich auch immer mehr Richtung Kraftwerk an sich. Und Sie haben ja auch schon die diversen Sicherheits- und Druck- und sonstwas Behälter erwähnt. Wollen wir das nochmal kurz ein bisschen systematischer betrachten? Also wir haben ganz innen die Brennstäbe in einem Wasserbad, sage ich jetzt mal. Was kommt dann als erste Schicht? Worin sind die enthalten? |
[01:18:08] | Wir sprechen von den vier Barrieren, die also die Radioaktivität von der Umwelt trennen. Das Erste, das ist das Gitter der Kristalle des Uranoxids. Die zweite Hülle, das ist also der Brennstab selber. Diese Zirkonhülle ist oben und unten geschlossen. Und die Spaltprodukte verbleiben also normalerweise in dieser Hülle drin. Die dritte Hülle ist der Reaktordruckbehälter. Das ist ein Behälter, der ist 15 Meter hoch, dreieinhalb Meter Durchmesser und hat eine Wanddicke von Größenordnung 20 Zentimetern Stahl. Der ist geschmiedet. Das ist ein sehr massiver, stabiler Behälter. Der steht ja normalerweise unter einem Druck von 70 bar beim Siedewasserreaktor und 160 bar beim Druckwasserreaktor. So, dieser Primärkreislauf geht entweder über die Dampferzeuger oder beim Siedewasserreaktor liefert dieser ja dann den Dampf für die Turbinen, das heißt, der Dampf wird abgeleitet aus dem Reaktorgebäude heraus in das Maschinenhaus. Das Reaktorgebäude selbst ist auch nochmal druckfest. Das nennt man auch Sicherheitsbehälter. |
[01:19:29] | Das waren diese 4 bar? |
[01:19:30] | Das waren diese 4 bar. Oder auch neudeutsch „Containment“. Dieser Behälter ist jetzt je nach Bauart des Reaktors unterschiedlich geformt. Bei Siedewasserreaktoren oft so die Form einer Birne oder auch zylindrisch und bei Druckwasserreaktoren hat der Sicherheitsbehälter die Form einer Kugel. Und das sieht man ja von außen auch. Diese Kugel von 60 Meter Durchmesser ist eben der Sicherhetisbehälter. |
[01:19:59] | Und das war’s? |
[01:20:02] | Ja, das sind die Barrieren. Genau. Und ob jetzt dieser Sicherheitsbehälter… Der ist aus Stahl, kann also Innendruck aushalten und bei einigen Reaktoren ist der dann auch nochmal durch eine Betonkonstruktion von Auswirkungen von außen abgeschirmt, also Flugzeugabsturz zum Beispiel. Das ist dann nochmal eine zwei Meter dicke Betonschicht. |
[01:20:26] | Da stellt sich natürlich immer dann die Frage: Was für Flugzeuge hält das aus? Also klar, mein Segelflieger ist sicherlich kein Problem. Eine Phantom, habe ich mal gehört, sei damals wohl Auslegungsgrundlage gewesen, aber ein Jumbo wird wahrscheinlich nicht halten, oder? |
[01:20:39] | Ja, der Starfighter. |
[01:20:40] | Ja, der fällt eh regelmäßig runter. Das ist ganz realistisch. |
[01:20:43] | Der hat aber ein Triebwerk und diese Welle des Starfighters, der hat man eine Durchdringungswirkung zugeschrieben. Während so ein Transportflugzeug, das ist ja im Wesentlichen aus Blech, aber das hat natürlich große Mengen Treibstoff. Und das kann zu einem Kerosinbrand führen. Der ist dann sicherlich außerhalb. Aber welche Auswirkungen der dann auch auf den Wärmehaushalt hat, das ist für jeden Reaktor anders. |
[01:21:10] | Deshalb haben die Behörden ja dann diese wahnsinnig clevere Regelung eingeführt mit diesem Zwei-nautische-Meilen-Sperrgebiet um einen Kernreaktor, die zumindest Segelflieger davon abhält, über einem Kühlturm zu kurbeln. Aber sonst hat es, glaube ich, wenig Sinn. |
[01:21:21] | Das bringt natürlich nicht viel. Jeder Terrorist würde da natürlich auch rein fliegen. |
[01:21:25] | Logisch, absoluter Unsinn. Na gut. Okay. In Fukushima hört man immer wieder von irgendwelchen Löchern in irgendwelchen dieser verschiedenen Schichten. Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, ist das Loch… Also ich habe es nicht richtig verstanden. Wo… Was ist da kaputt? Außen, das Gebäude ist mal explodiert, das wissen wir. Also ganz außen. |
[01:21:48] | Ja, das ist das Dach oben, wo sich bei Siedewasserreaktoren auch das Brennelement-Lagerbecken befindet, oder Abklingbecken. Und wir haben ja in Fukushima sechs Reaktoren. Drei waren in Betrieb, als die Katastrophe eintrat, drei waren in Revision. Und der Reaktor Nummer 4, da befinden sich die Brennelemente gar nicht im Kern, sondern der wurde eben gerade ausgeräumt. Das heißt, die Brennelemente befanden sich im Brennelement-Lagerbecken. Der frische Kern, der ja radioaktiv ist, wie wir gesagt haben, der befindet sich im Brennelement-Lagerbecken. Und das ist also nur durch das Dach von der Außenwelt abgeschirmt. Das ist nicht im Sicherheitsbehälter. Das heißt, das ist jetzt der Umwelt ausgesetzt. |
[01:22:38] | Warum ist das so? |
[01:22:39] | Das ist bei dieser Konstruktion von Reaktoren so. |
[01:22:43] | Kann man ja drüber streiten, oder? |
[01:22:44] | Bei unseren Druckwasserreaktoren in Deutschland zum Beispiel ist das nicht so. Da ist das Brennelement-Lagerbecken im Containment drin. Und das hängt eben an der Konstruktion dieses Reaktors. Da ist das eben so. Das stimmt, dieses ist natürlich dann der Umwelt stärker ausgesetzt. Es muss gekühlt werden. Und auch dieses konnte nicht kontinuierlich gekühlt werden, das heißt, auch hier haben wir Beschädigungen der Brennelemente und es hat sich ja auch durch eine Explosion und einen Brand gezeigt, dass wir da also auch Wasserstoffproduktion hatten. Ich halte sogar dieses Brennelement-Lagerbecken im Augenblick für die stärkste Strahlenquelle, die wir in Fukushima haben, denn die anderen drei Reaktoren blasen ja ihren Dampf ab, aber das passiert über einen Umweg, nämlich: Es gibt ein Becken, ein Wasser-Reservoir, durch das dieser Dampf erstmal gehen muss. Und wenn die Spaltprodukte in Form von kleinen Partikeln vorliegen, dann werden die in diesem Becken nämlich ausgespült zum Teil. Nicht völlig, aber zum Teil. |
[01:23:53] | Das heißt aber, der Reaktordruckbehälter… Die scheinen noch… |
[01:23:58] | Die scheinen noch intakt zu sein, denn sonst hätte man eine viel größere Wärmeerzeugung schon außerhalb des Reaktordruckbehälters im Sicherheitsbehälter festgestellt. Die Reaktordruckbehälter sind natürlich offen, das heißt, die Sicherheitsventile wurden gezielt aufgemacht. Denn man will ja gerade vermeiden, dass da jetzt ein hoher Druck drin ist, um einspeisen zu können. Das heißt, die sind gegenüber dem Containment offen und lassen ihren Dampf dann also auch ins Containment. Da bin ich auch nicht sicher, ob alle Sicherheitsbehälter, also alle Containmentbehälter, intakt sind. Das wissen wir nicht. Es hieß ja anfangs, dass durch die Explosion diese beschädigt worden wären. Die neueren Meldungen haben aber gesagt, dass bei allen drei Reaktoren jeweils der Sicherheitsbehälter intakt ist. |
[01:24:53] | Okay. Das ist natürlich schwierig, da auch reinzublicken. Das sollten wir vielleicht auch nochmal dazu sagen. Sie wissen wahrscheinlich auch nicht mehr als das, was in der Presse steht. Oder haben Sie noch irgendwelche Kollegen, die da irgendwie mehr wissen? |
[01:25:04] | Doch, wir haben Fachmedien und auch die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit in Deutschland haben jemanden, der also die Pressemitteilungen von Tepco übersetzt und uns zugänglich macht. |
[01:25:21] | Okay, aber unabhängige Quellen – unabhängig von Tepco – haben Sie auch nicht. |
[01:25:24] | Nein, die haben wir nicht. |
[01:25:26] | Ich denke, wir haben ja bei der Struktur des Gesamtkraftwerks am Anfang schon erwähnt: Turbine, Generator. Gibt es da noch irgendwas Spezielles dazu zu sagen oder ist das einfach…? |
[01:25:39] | Es ist technisch natürlich sehr interessant, so ein Maschinenhaus. Die Turbinen von Kernkraftwerken, das sind die weltweit größten Turbinen, die man hat. Und wenn man da schonmal daneben gestanden hat, das ist sehr beeindruckend, wie da eine Welle sich dreht, die ist 60 Meter lang. Es ist also eine Welle, die ist 60 Meter lang und hat ungefähr einen Meter Durchmesser. Die dreht sich mit 1500 Umdrehungen pro Minute. Und die überträgt eben eine mechanische Leistung von – bei einem Druckwasserreaktor – 1,5 Gigawatt Leistung. Das ist also schon beeindruckend, wie die Technik da in so einem Maschinenhaus aussieht. Und da wird also der Generator dann angetrieben, der hat also eine elektrische Leistung von 1,5 Gigawatt. Sehr beeindruckend. |
[01:26:29] | Kann man das irgendwie in durchschnittliche deutsche Haushalte überführen, übersetzen? Weil unter der Zahl kann sich ja kein Mensch etwas vorstellen. Also eine Glühbirne hat 100 Watt, okay. |
[01:26:39] | Also „Giga-“ heißt Milliarden. Und wir haben in Deutschland einen Leistungsbedarf von ungefähr 60 Gigawatt. Also ein Kernkraftwerk ist ungefähr 2 % des gesamten Strombedarfs in Deutschland. Durchschnittlichen Strombedarf. |
[01:27:00] | Sie haben vorhin schonmal kurz den Wirkungsgrad angesprochen. Wo liegt der so ungefähr? |
[01:27:05] | Der thermische Wirkungsgrad liegt ungefähr bei 34 %. Das ist also für die Thermodynamiker immer interessant. |
[01:27:11] | Was bedeutet „thermischer Wirkungsgrad“? |
[01:27:12] | Zwei Drittel der Wärme, die ein Kraftwerk erzeugt, geht in den Kühlturm oder in den Fluss. Entschuldigung, ins Meer. Wenn das Kraftwerk am Fluss liegt, dann hat es einen Kühlturm, der wird mit Flusswasser gespeist. Aber die Wärme geht nicht hundertprozentig in den Fluss, sondern die Kühltürme verdampfen ja eben das Wasser und das geht oben zum Kühlturm raus. |
[01:27:35] | Aber es ist jedenfalls Wärme, die nicht zur Dampferzeugung produktiv Richtung Strom… |
[01:27:39] | So ist es, genau. Das ist Abwärme. Bei Kohlekraftwerken liegt das etwas günstiger, also da ist der Wirkungsgrad durchaus im Bereich über 40 %. Oder, wenn Sie sogar noch Kraft-Wärme-Kopplungen berücksichtigen, dass also die Abwärme natürlich noch zum Heizen genutzt wird, dann könnte man da auch noch höhere Wirkungsgrade erzielen. Das ist bei Kernkraftwerken, da wird das überhaupt nicht gemacht. |
[01:28:02] | Warum? |
[01:28:02] | Die sind ja weit weg von Städten meistens gebaut, von großen Wohngebieten, die das benötigen würden. |
[01:28:10] | Und der Gesamtwirkungsgrad ist dann quasi thermischer Wirkungsgrad minus Reibung und sonstige Verluste im Maschinenhaus? |
[01:28:16] | Ja, die sind aber ziemlich gering. Die mechanischen… |
[01:28:18] | Also kann man sagen, so ungefähr 30, 32, 33 %. |
[01:28:22] | Ja, dann gibt es natürlich noch einen Eigenbedarf des Kraftwerks, das heißt, für die Umwälzpumpen wird Energie benötigt. Da müssen Sie dann nochmal ungefähr 2 % abziehen vom thermischen… |
[01:28:33] | Also sind wir bei 30 %. |
[01:28:34] | Ja, ungefähr. |
[01:28:35] | Okay. Der Strom… ich glaube, Generatoren machen immer Drehstrom, oder? |
[01:28:43] | Ja, wir haben ja in Europa das 380 kV Netz, das Hochspannungsnetz. Und zunächst mal erzeugen also diese Generatoren auch diese hohe Spannung. Man muss dann über Transformatoren zum Beispiel den Eigenbedarf auf geringere Spannungen regeln. Und die sind dann eben an das Netz angeschlossen. |
[01:29:04] | Über Fukushima haben wir geredet. Tschernobyl hatten Sie schon erwähnt. Wollen Sie noch etwas ergänzen an der Stelle? |
[01:29:17] | Ja gut, es wird natürlich immer wieder verglichen, dieser Vorfall in Fukushima mit dem Unfall in Tschernobyl. Bezüglich des Unfallablaufs, haben wir schon kurz drüber gesprochen, der war ja in Tschernobyl ganz anders. |
[01:29:31] | Also von der Physik, Reaktortechnik her ist einfach was anderes passiert. |
[01:29:34] | Ja, weil einfach der Reaktor auch anders konstruiert war. Und auch die Ursachen dieses Unfalls waren natürlich auch ganz andere. Sagen wir mal Schlamperei in Tschernobyl. |
[01:29:45] | Kann man das so inzwischen…? |
[01:29:46] | Ja, das kann man so sagen. Also dass da jetzt die Techniker, die hier den Reaktor betrieben haben, einfach grobe Fehler gemacht haben. Soweit sogar, dass sie das Sicherheitssystem ausgeschaltet haben, um ihr… Das ist streng verboten natürlich. Also ich weiß nicht, wie sie das gemacht haben. …Um ihr Experiment, was sie da durchführen wollten – sie mussten ja einen Test machen – … |
[01:30:10] | Wollen Sie das vielleicht gerade nochmal kurz schildern? Ich glaube, die Leute wissen nicht unbedingt… Also was war der Punkt? |
[01:30:16] | Also der Reaktor in Tschernobyl wurde in Betrieb genommen, ohne das ein Test gemacht worden ist, der darin bestand, dass nachgewiesen werden musste, dass nach einer Reaktorschnellabschaltung die Turbine eine gewisse Zeit noch genügend Strom liefern kann, damit eine Kühlmittelpumpe betrieben werden kann. Diesen Test hat man also nachgeholt und da der Reaktor zwei Turbinen und zwei Generatoren hat – das wollte man nur mit einer machen -, hat man ihn also auf halber Leistung betrieben. Auf halber Leistung läuft der aber relativ instabil aufgrund der Mechanismen, die wir vorhin besprochen haben. Sie müssen ihn also manuell und auch über den Computer sehr stark regeln. Dann kam der Anruf, dass also diese Leistung, diese halbe Leistung, noch – ich glaube, in Ungarn war es – gebraucht wurde für 24 Stunden. |
[01:31:13] | Die andere Hälfte? |
[01:31:14] | Die andere Hälfte, die also noch in Betrieb war. Man hat den auf halbe Leistung runter gefahren und dann wollte man sofort das Experiment machen, aber dann kriegten die den Anruf: „Der Strom wird benötigt, wir brauchen noch den Strom, bitte betreibt den noch eine gewisse Zeit auf halber Leistung.“ Dann war die Schicht zu Ende, dann kamen andere Leute, die waren gar nicht so darauf vorbereitet dieses Experiment zu machen. Die haben dann den Reaktor betrieben, aber das Experiment wollten die dann also durchführen. Und da der sehr instabil läuft auf halber Leistung, mussten sie sehr stark regeln und haben den zwischendurch auch mal komplett abgeschaltet. Nun ist es aber so: Ein Reaktor, den man abschaltet, den kann man einen Tag lang ungefähr nicht wieder anschalten. Wir nennen das die „Xenonvergiftung“. Es wird also der Stoff Xenon gebildet und man muss warten, bis der wieder zerfallen ist. Xenon ist auch wieder ein Absorber, ein Absorberstoff. Das haben die nicht gewusst, oder die haben das missachtet, dass man einen Reaktor, den man abgeschaltet hat, nicht wieder anstellen kann. Die haben also trotzdem versucht, den wieder anzustellen und mussten da die Steuerstäbe unheimlich weit rausziehen. Ganz weit rausziehen. Die haben sich gewundert, warum der keine Leistung gebracht hat, weil die das nicht wussten. Und dann haben die das rausgezogen und da hat das Sicherheitssystem denen schließlich verboten den weiter rauszuziehen. Der Computer hat das verboten. Und dann haben die – man weiß nicht, wie – haben die diesen Computer ausgeschaltet. Und haben die Steuerstäbe rausgezogen. Und dadurch ist also dann der Reaktor ganz instabil geworden. Plötzlich ging er an, extrem hohe Leistung für ganz kurze Zeit. Dann haben sie natürlich wieder eine Schnellabschaltung gemacht, aber die hat sogar noch den gegenteiligen Effekt gehabt, weil eine Graphitstruktur an der Spitze der Steuerstäbe war, die also dann die Moderation kurzzeitig sogar noch erhöht hat. |
[01:33:15] | Genau, das war der Punkt, über den der Henning Butz in der Episode über komplexe Systeme eben dann darauf abgehoben hat, dass das letztendlich ein relativ grundlegender Designfehler war. Um das Ding runter zu regeln, wird es erstmal kurzzeitig hoch geregelt. |
[01:33:29] | Genau, ja. Das war ein deutlicher Konstruktionsfehler. Man hat das ja auch bei diesem Reaktortyp, jetzt bei allen anderen, wieder rückgängig gemacht. Man hat also diese Graphitstruktur entfernt. Denn es laufen ja noch ungefähr, ich glaube, zwölf Reaktoren dieses Typs laufen ja noch in Russland. |
[01:33:46] | Aber man hat da wenigstens etwas daraus gelernt? |
[01:33:49] | Ja, das hat man gelernt, aber andererseits: Diese großen Mengen Graphit, die halten wir im Westen für nicht… Das ist nicht erlaubt. Das sollte man eigentlich nicht machen, diese großen Mengen Graphit, die ja dann zu dem Graphitbrand auch geführt haben, wo also dieses Feuer dann nicht nur Spaltprodukte, sondern auch Produkte aus dem Kern, einschließlich Plutonium, in große Höhen gebracht hat, in die Erdatmosphäre, wo das dann verteilt wurde. So und diesen Graphitbrand haben wir natürlich jetzt in Fukushima nicht, sondern alles spielt sich ziemlich in Bodennähe ab. Und die Tatsache, dass dieser Reaktor so viel Graphit hat, das hat also dazu beigetragen, dass es zu so einem Verlauf mit starker Verteilung von Radioaktivität gekommen ist. Und neuer ist es ja auch so, dass jetzt Länder, die – also alte GUS-Staaten, die der EU beitreten, wie zum Beispiel Litauen – ihre RBMK-Reaktoren abschalten müssen. Also Länder, die der EU beitreten, die dürfen diese Reaktoren auch nicht weiter betreiben. |
[01:34:53] | Okay, ich denke, wir sind mehr oder weniger durch. Ich würde Sie gerne noch fragen, woran die Forschung allgemein und vielleicht auch Sie hier spezifisch arbeiten. Wie wird sich das weiter entwickeln? Also ich meine jetzt nicht die Frage, ob es in Deutschland in 20 Jahren noch Atomenergie gibt. Das ist wieder diese politische Ecke, das lassen wir sein. Sondern was passiert technisch wissenschaftlich? Wo ist die Zukunft? |
[01:35:16] | Ja wir im Institut machen ja Reaktorsicherheitsforschung und auch Forschung an neuen Reaktoren. Zur Reaktorsicherheitsforschung zunächst: Der Bund hat ja im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auch die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die bestehenden Reaktoren nach dem aktuellen Stand der Technik betrieben werden und auch, dass die Sicherheit nach dem aktuellen Stand der Technik nachgewiesen wird. Da sich der Stand der Technik fortwährend natürlich ändert – neue Methoden werden entwickelt, die Computertechnik entwickelt sich weiter -, werden also die Sicherheitsnachweisverfahren auch ständig weiterentwickelt. Daran arbeiten wir zum Beispiel. Das heißt, bei Nachweisverfahren, bei Simulationsmethoden ist es natürlich immer auch erforderlich, Experimente zu machen. Also wir haben auch in unserem Labor zum Beispiel Experimente, wo wir zum Beispiel so eine Schüttung thermisch untersuchen, ob die kühlbar ist oder nicht. Und es gibt also auch kleinere Experimente, wo wir Sicherheitsnachweismethoden, auch CFD-Methoden, numerische Strömungssimulation zum Beispiel, validieren. Also das ist sicherlich ein Forschungsgebiet, das solange betrieben werden muss, wie wir mindestens einen Reaktor in Deutschland am Netz haben. Ob das jetzt auf 17 Reaktoren oder auf 10 Reaktoren angewendet wird, das ist für unsere Forschung gar nicht so wesentlich. Die ist auf jeden Fall erforderlich. Sie wird gemacht und wie gesagt, das ist ja auch eine Drittmittelquelle unseres Instituts. Ein anderer Bereich ist die Erforschung von neuen Reaktoren. Natürlich, als Universität guckt man sich an: Sind die Reaktoren, die es im Augenblick gibt, ist das das Beste, was man machen kann? Oder kann man sie noch verbessern? |
[01:37:15] | Und das dann bezüglich Wirkungsgrad oder Sicherheit oder Stabilität oder alles? |
[01:37:19] | Bezüglich Sicherheit, bezüglich Brennstoffausnutzung, das ist ja bezogen auf den Abbrand wichtig. Und auch für den Atommüll. Wie viel Atommüll wird erzeugt pro Kilowatt? Dann auch bezüglich Eigenschaften, die auch weiter gehen als nur Stromerzeugung. Zum Beispiel, wir hatten ja erwähnt, beim Hochtemperaturreaktor wird das Gas eben auch auf hohe Temperaturen erwärmt und das kann man also Prozesswärme für chemische Prozesse zum Beispiel verwenden. Also es ist nicht so, dass die Kernenergie immer nur zur Stromerzeugung benutzt wird, sondern das ist auch eine Möglichkeit der Kernenergienutzung. Also das wird auch bei uns im Institut erforscht. Bei den Brütertechnologien sind wir nicht beteiligt. Das hat man in Deutschland ja mal gemacht, aber aufgegeben. Und das überlassen wir im Augenblick mehr den Franzosen, dieses zu machen. |
[01:38:16] | Und letzte Frage: Steht ein Durchbruch an? Also ein Reaktor, der zum Beispiel keine Kernschmelze mehr produzieren kann? Also gibt es da… |
[01:38:29] | Ja, man muss das sagen, dass also Reaktoren, die heute gebaut werden, die nennen wir Generation der dritten Generation. Generation 3, manchmal sagt man auch 3 plus. Während die Reaktoren, die heute weltweit existieren, fast ausnahmslos Reaktoren der Generation 2 sind. Also die 430 Kernkraftwerke, die sind fast ausnahmslos… gehören die zur Generation 2. Was ist anders bei der dritten Generation? Das ist die Beherrschung der Schmelze, der schweren Störfälle, wie wir sagen. Die sind also so konstruiert, dass sich eine Schmelzebildung, also ein schwerer Störfall, nur auf das Kraftwerk auswirkt. Das ist natürlich dann zerstört, aber die Auswirkung, also die Radioaktivität, darf bei diesen Reaktoren nicht in die Umwelt gelangen. Ich will das jetzt nicht 100… 99,999 %-ig natürlich auch nur. Aber die Reaktoren haben durch ihre Konstruktion eine neue Qualität der Sicherheit, nämlich, wir sagen das „Schmelzemanagement“. Also zum Beispiel der europäische Druckwasserreaktor, der in Finnland gebaut wird, der hat eine Möglichkeit die Schmelze aufzufangen, wenn sie dann durchbricht durch den Reaktordruckbehälter, dann lässt man sie sich ausbreiten auf einer sehr großen Fläche und hat Möglichkeiten diese ausgebreitete Schmelze – die hat dann ja eine große Oberfläche – zu kühlen und zu verfestigen. |
[01:39:58] | Das heißt, da ändert sich aber nichts am Prinzip. Das ist immer noch ein Druckwasserreaktor, aber man hat, ich sag es mal ganz böse, mehr Beton, mehr Platz, cleverere Konstruktionen im Kraftwerk und nicht zwangsläufig im Reaktor. |
[01:40:09] | Ja, das ist richtig. Also ansonsten ist die Linie Druckwasserreaktor, Siedewasserreaktor, die findet man beide auch bei den Reaktoren der dritten Generation. |
[01:40:19] | Alles klar. Gut, ich denke, an der Stelle machen wir mal einen Schlusspunkt. Wikipedia kann dann – ich werde da entsprechende Links einbauen – sicherlich noch das eine oder andere Detail dazu liefern. Ich bedanke mich ganz ganz ganz herzlich fürs Mitmachen. Ich fand es genau, wie ich es mir vorgestellt habe. |
[01:40:35] | Vielen Dank, ich freue mich auch, dass das alles eine sehr sachliche Diskussion war und wir vielleicht ein bisschen dazu beitragen konnten, dass das Verständnis der Kernenergie gefördert wird. Denn es ist ja auch so: Was man nicht kennt, da ist man zunächst mal argwöhnisch, weil man es nicht kennt und weil man die Zusammenhänge nicht versteht. Und unser Bestreben ist natürlich, dass wir also die technischen Hintergründe, die Fakten, versuchen wollen, auch allgemein verständlich auszudrücken. |
[01:41:07] | Das ist Ihnen heute sicherlich gelungen. Vielen Dank! |