389 – Offshore Windpark Infrastruktur
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Gäste: Patrick Stippel Host: Markus Völter Shownoter: Alexander Grote
In dieser Episode erzählt uns Patrick Stippel von seiner Arbeit als Techniker auf einer Umspannstation im Offshort-Windpark. Wir besprechen das Layout des Parks, die Netz- und Strom-Infrastruktur auf der Umspannstation sowie die Infrastruktur die nötig ist um solche Stationen sicher zu betreiben.
Vorstellung von Patrick Stippel und Überblick über Windpark Infrastruktur
00:02:45Windpark Meerwind SüdOst | Offshore Windpark | Monopile | Jacket Gründung | Windkraftanlage | Seekabel | Wechselrichter/Gleichrichter | Konverterplattform | Hochspannung Gleichstrom Übertragung | Gasisolierte Schaltanlage | omega tau Folge 246 zu Stromnetzen
Umspannplattform im Detail
00:37:45Transformator | Inselfähigkeit | Drossel | Blindleistung | Nospe | Brandmeldeanlage | SOLAS | Löschschaum | Gaslöschanlage | Rettungsinsel | omega tau Folge 51 zur Hermann Marwede
Arbeitsalltag der technischen Betreuung der Umspannplattform
01:23:15
Zur Frage was passiert mit der erzeugten Leistung wenn das Kabel abreißt/Tennet die Leistung nicht abnimmt: Meinem Verständnis nach erstmal nichts. Es passiert ja auch nichts wenn der Fahrraddynamo ohne Lampe läuft. Es fehlt aber plötzlich der Widerstand und alles dreht quasi frei – mehr ein mechanisches als ein elektrisches Problem, oder nicht?
Was für eine Software benütz Ihr für die Instandhaltung? Oder ist das eine Eigenentwicklung des Arbeitgebers?
Moin! Coole Folge und schön mal zu wissen, wie Kollegen das Offshore Netz sehen. Ich selbst arbeite seit 6 Jahren in der Betreuung alles Windparks (sowohl On- & Offshore) im Bereich der IT und der Operations.
Das Verfahren war der Kollege meinte zur Regelung aller 15 Minuten nennt sich Redispatch oder früher auch EISMAN (gibts aber immer noch) genannt. Das zweite Verfahren zur Meldung der Nichtverfügbarkeiten nennt sich “REMIT”. Das entstand aus einer EU Verordnung gegen Insiderhandel an der Strombörse.
Zum Thema Turbinentechnik: Die Anlage produziert unregelmäßigen Wechselstrom (abhängig von der Rotordrehzahl). Der Strom wird nicht gleichgerichtet für den Transport nach unten, sondern hat es den Vorteil das man mit einem Wechselrichter wieder einen deutlichen säubern 50hz Wechselstrom für das Netz hinkriegt.
Auch am Strommarkt ist das Thema etwas schwieriger:
Es gibt einen Day-Ahead Markt wo die prognostizierten Energie festgehandelt werden. Deine Range Markus die du genannt hattest, gibt es nicht, auch wenn du mehr produziert als prognostiziert hattest. Du verkaufst nur die Differenz an dem sogenannten ” Imbalance Markt” oder Live Börse. Es gibt auch Windparks die einen sogenannten PPA (Direktabnahmevertrag) haben. Alles ein bisschen schwierig.
Freue mich auf die Onshore Folge.
Viele Grüße,
Jonas
Die Frage, welchen Vorteil der Verzicht auf das Getriebe bringt, treibt mich schon seit Patricks Gespräch mit dem cleanelectric Podcast um. Ich habe ein bisschen dazu recherchiert, aber das ist keinesfalls eine abschließende Bewertung:
Fundstück von http://windenergy.expert/mit-getriebe-oder-ohne/
„Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, denn beide Konzepte haben Vor- und Nachteile. Generell sind WEA ohne Getriebe bei gleicher Leistungsabgabe schwerer und teurer, während Bauarten mit Getriebe leichter und deshalb auch kostengünstiger zu errichten sind. Der Preisvorteil für die Getriebemaschinen zwingt die Betreiber jedoch, zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Inspektion und Wartung des Triebstranges zu legen.“
Ich kann es mir so erklären: Die Leistung ist eine Funktion aus Drehmoment und Drehzahl. Die zur Verfügung stehende Leistung des Rotors muss also bei einer getriebelosen Anlage mit einem sehr hohen Drehmoment in elektrische Energie gewandelt werden. Das bedeutet hohe Magnetkräfte, die sich nicht beliebig steigern lassen. Durch Erhöhung des Umfangs des Stators kann das resultierende Drehmoment der Magnetkräfte erhöht werden. Dazu braucht man aber mehr Magnete, mehr Spulen, also mehr Kupfer, welches Gewicht bedeutet.
Im Gegensatz bei einem Getriebe, welches das Drehmoment reduziert und die Drehzahl erhöht, kann ein Generator mit kleinerem Durchmesser verbaut werden, welcher (nur) eine höhere Drehzahl ertragen muss. Die Drehzahlen bis zu 3000 1/min sind aber von Industriemotoren bekannt und leicht beherrschbar.
Daher denke ich, Getriebe waren eine naheliegende Lösung, um die langsamen Drehzahlen der Rotoren an die verfügbaren Generatoren/Motoren anzupassen.
Hmmmm. Ja, irgendwie ist das ein nicht so ganz offensichtliches Thema :-)
Danke Jonas – wir reden ggfs. nochmal nach der kommenden Folge :-)
Danke Christian!
Coole Folge, sowohl die (gewohnt) spannende technische Seite als auch das sein herum. Fand zB sowohl sie Beschreibung des Tagesablaufs als auch seinen Werdegang spannend, gerne mehr davon.
Überrascht hat mich, dass da konstant so viele Leute arbeiten. Man gewinnt ja – wie bei AKWs usw auch – oft den Eindruck, dass so ein Windpark bis auf ein paar Leute in einem Kontrollraum und einmal im Jahr Revision so alleine vor sich hin läuft. Oder ist das eine Eigenheit von Offshore?
Das mit dem Sternpunkterder ist so nicht ganz korrekt. da geht es weniger um Kurzschlüse direkt sondern um die so-genannte Schieflage, bzw Sternpunktverschiebung. In einem 3-Phasennetz wie in Deutschland ist es wichtig, dass alle 3 Phasen möglichst gleich stark belastet sind und somit über alle 3 Phasen möglichst gleich viel Strom fließt. Der Sternpunkt ist quasi der Mittelpunkt um den sich die sinusförmigen Spannungen der 3 Phasen bewegen. Zu jedem Zeitpunkt ist die Summe des Stromes über die Phasen gleich null. Der Strom der durch die eine Phase fließt, fließt über die beiden anderen zurück. Das ist wie bei einem perfekt ausbalancierten Rotor. Das Lager wird keine seitlichen Kräfte erfahren.
Jetzt können in der Praxis die Phasen auch unterschiedlich belastet sein. Das hat man beispielsweise bei Privathaushalten. Der “Rotor” ist somit nicht balanciert und es treten Kräfte auf, die das Lager seitlich belasten. Deshalb hat man bei Kleinverbrauchern noch einen zusätzlichen Draht den “Neutralleiter”. Der leitet quasi die Restströme ab.
Das mit der Blindleistung ist an sich auch relativ einfach erklärt. Bei Wechselstrom ist ja der Strom und die Spannung (im Idealfall) sinusförmig und in Phase. Die Momentanleistung ist die Momentanspannung mal dem Momentanstrom. Wenn alles in Phase ist, hat man immer quasi sin(x)*sin(x) was immer positiv ist. Es fließt somit Strom immer in eine Richtung.
Jetzt kann es aber sein, dass der Strom und die Spannung nicht in Phase sind. Somit kann man eine positive Spannung und einen negativen Strom haben (oder umgekehrt). Dadurch dreht sich die Richtung in der die Leistung fließt. Das ist in der Regel nicht dauernd der Fall, sondern nur in einigen Zeiten des 50 Hz Zykluses. Dadurch pendelt ein Teil der elektrischen Energie immer zwischen Verbraucher und Generator hin und her. Die Komponenten zwischen Verbraucher und Generator müssen diese Energie durchlassen was bei ihnen wie eine Übertragungsleistung wirkt. Es gibt grob gesagt 2 Varianten davon, zum einem die Blindleistung die durch induktive Verbraucher (Motoren) verursacht wird, zum anderen die die durch kapazitive Komponenten (Leitungen) verursacht wird. Die beiden können sich jedoch kompensieren. Deshalb hat man in normalen Umspannwerken auch gerne mal Kondensatorbänke um die induktive Last zu kompensieren. Das “phi” aus cos(phi) ist der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung. Der sollte möglichst nahe 0 sein, cos(phi) soltle somit möglichst bei 1 sein.
Die Kompensation zwischen induktiven und kapazitiven Lasten führt übrigens zu einem Schwingkreis der selbst ein klein wenig Energie speichern kann.
Ich kann mir denken, dass der Grund warum man nur selten die rotierenden Massen von alten Kraftwerken ans Netz hängt ist, dass der Wartungsaufwand viel zu groß sein dürfte. Das ist ja alles Mechanik, das kostet Geld und niemand versteht wie das funktionieren soll.
Ich glaube das ist eine Offshore-Eigenheit. Siehe kommende Episode :-)
Super super tolle Folge!!! Danke, auch für die vielen guten ergänzenden Kommentare hier.
@Tim: Ja, das ist primär ein mechanisches Problem. Ungefähr so, als würde man auf der Autobahn bei 180 km/h plötzlich in den ersten Gang schalten. Der Rotor des Windrades würde ohne Last sehr schnell zu höheren Drehzahlen beschleunigen. Im Worst Case bricht dabei ein Blatt ab und die Unwucht zerstört die gesamte Anlage.
Die Gegenmaßnahme nennt sich “Lastabwurf” und bedeutet, dass das Windrad bei Verlust des Netzanschlusses automatisch in Segelstellung geht (evtl. greift auch die Bremse zusätzlich ein, so tief bin ich in Windturbinen nicht bewandert). Diesen Ablauf muss jedes Kraftwerk mindestens einmal im Rahmen der Inbetriebnahme scharf testen. Zusätzlich gibt es für die leittechnische Auslösung eine regelmäßig zu wiederholende Prüfprozedur.
Bei Wärmekraftwerken kommt dann – anders als bei Windanlagen – noch verschärfend dazu, dass diese sich nach dem Lastabwurf in einem Zustand stabilisieren müssen, in dem sie noch genügend Reststrom für die eigene Versorgung und ein eventuelles Wiederhochfahren erzeugen müssen (sog. “Lastabwurf auf Eigenbedarf”). Damit wäre dann auch die im Laufe der Episode aufgestellte Theorie widerlegt, dass Kernkraftwerke explodieren, wenn man ihren Netzanschluss kappt. Natürlich nicht! Sie machen einfach einen Lastabwurf auf Eigenbedarf (ca. 60 MW) und warten dann in diesem Zustand, bis entweder das Netz wieder da ist oder – falls das zu lange dauern würde – fahren ganz normal ab.
@Christian Berger: Danke für die ausführliche Erklärung zur Blindleistung. Markus sollte unbedingt mal mit einem der TSO eine Episode zum Thema “Blindleistungsproblematik im Netz” aufnehmen. Das ist nicht nur hochinteressant für das Verständnis, warum es sowas wie Reservekraftwerke, HGÜ-Leitungen oder Redispatching gibt, sondern wird wahrscheinlich in den nächsten Jahren zum entscheidenden Thema der deutschen Stromversorgung werden.
Tolle Episode, fehlen hier noch die Tags
Zum Thema drehende Massen gibt es ein interessantes Projekt: Die Brennkammern von abgestellten Kraftwerken mit Flüssigmetall-Wärmespeicher zu ersetzen. https://www.rwe.com/presse/rwe-power/2019-03-15-gemeinschaftsprojekt-fluessigsalzspeicher
Damit kann man die Infrastruktur und Generatoren von ehemaligen Kohlekraftwerken weiter nutzen und man hat weiterhin schwere Synchronmaschinen am Netz. Eine Folge darüber wäre auch sehr interessant!
Ich stimme übrigens zu, dass das Thema “Blindleistungskompensation” auch eine ganze Episode füllen könnte!
Bei Windrad mit einem Getriebe muss die gesamte Anlage immer mit einer festen Frequenz drehen damit auch auch genau die 50Hz Netzfrequenz entsteht. (Ohne Getriebe wären das 1500rpm bei 2 Polpaaren im Generator). Abweichungen von der Drehzahl des Generators kann es nicht geben denn gesamte Europäische Verbundnetz schwingt mit der gleichen Netzfrequenz bis auf Änderungen durch große Lastwechsel, die sich im gesamten Verbundnetz nur mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.Siehe https://www.netzfrequenzmessung.de/
Wenn man jedoch die erzeugten Spannungen/Ströme des Windrades erst gleich richtet und dann per Wechselrichter einspeist dann ist man flexibel bei der Rotordrehzahl. Diese Leistungselektronik ist erst seit kurzem möglich und hat auch ihre Kosten aber man spart ein anfälliges Getriebe und die Effizienz ist wohl deutlich höher. Bis vor wenigen Jahren war auch privat ein Netzteil mit einem Trafo üblich und Schaltnetzteile sind erst seit wenigen Jahren Standard.